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Erkenntnisse aus der Tube

Erkenntnisse aus der Tube Erkenntnisse aus der Tube

ERNST FRIEDLI

Das Thema «Zahnpastatube in der Ehe» haben wir hinter uns. Nicht, dass wir es gelöst hätten, aber wir haben uns von ihm gelöst: Klärli drückt etwas Paste auf ihr Zahnbürsteli und lässt die gemeinsame Tube offen liegen, bis sie ihre Zähne geputzt hat. Ich schraube immer gleich den Deckel zu, bevor ich mit der Zahnreinigung beginne. Ich kann einfach nicht zu putzen anfangen, wenn die Tube noch offen daliegt. Genauso wenig, wie Klärli die Tube sofort zuschrauben kann.

Warum das so ist, werden wir vermutlich nie wissen. In beiden Fällen wird das Ziel der Mundund Zahnhygiene erreicht, was weiteres Suchen nach Begründungen erübrigt und gegenseitige Überzeugungsarbeit erspart. Da unsere Zahnpastatube aus formstabilem Kunststoff besteht, besteht auch kein Konfliktpotenzial über die richtige Technik des Tubenauspressens.Auch hier wären ja unendliche Varianten denkbar, die in vielen Beziehungen als Stein des Anstosses, respektive als Technik des Auspressens den Morgen und den Abend begleiten. Ich finde das bedenkenswert: Wir können zwar auf den Mond fliegen, wissen aber nicht, warum sogar zwischen engst verbundenen Menschen so grundsätzliche Unterschiede bestehen. Da muss sich die Evolution doch etwas dabei gedacht haben, als die Zahnpasta erfunden wurde. Klärli meint, da zeigten sich eben die Gegensätze, die sich anziehen. Das scheint mir unzutreffend. Denn das würde heissen, dass eine offen gelassene Tube anziehend auf mich wirkt und eine verschlossene auf Klärli. Warum macht sie es dann anders?

* Ernst Friedli, 64, seit 31 Jahren verheiratet mit Klärli, geborene Schönbächler. Nichtraucher und Sachbearbeiter im Rathaus, steht unter Amtsgeheimnis. Macht sich in der Freizeit Gedanken zur Weltlage und putzt immer noch die eigenen Zähne.

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