Der Dorfplausch am Derby
Das Endergebnis war für die Einsiedler Fans eigentlich Frust pur. Schon zum zweiten Mal hintereinander setzte es eine 1:5-Heimniederlage gegen den FC Freienbach. Trotzdem hatten gut 400 Zuschauer am Samstagabend den Plausch im Rappenmöösli. Klar, es herrschte Derbyfieber.
WOLFGANG HOLZ
«Snobs gegen Kuhbauern» – so charakterisiert das Fussballmagazin «Zwölf» in seiner jüngsten Ausgabe im Vorfeld das Aufeinandertreffen der beiden Schwyzer Lokalrivalen FC Freienbach und FC Einsiedeln. «Die Millionarios vom Zürichsee gegen die armen Schlucker aus dem Klosterdorf – dieses Klischee zieht an Derbyspieltagen auch Leute auf den Chrummen und ins Rappenmöösli, die sonst nie dort anzutreffen sind», schreiben Meiri Kälin und Beat Suter.
Schlange beim Bier
Stimmt. Es braucht nicht immer Derby-Klassiker wie Inter gegen Milan, Schalke gegen Dortmund oder ManU gegen ManCity, um die Emotionen von Fussballfans in Wallung zu bringen. Im Rappenmöösli strömten am Samstagabend die Zuschauer nur so zum Provinzderby. Und auch das Einsiedler Bier strömte so reichlich aus dem Zapfhahn, dass es zeitweise viel Geduld in der Schlange im FCE-Restaurant erforderte, um ein schäumendes Gold zu ergattern.
Auch bei den leckeren Schweins- und Kalbsbratwürsten musste man anstehen – kein Wunder. Das ganze Klosterdorf musste schliesslich versorgt und nervlich gestärkt werden angesichts des Duells zwischen den einheimischen Rotschwarzen und den reichen «Fötzeln» aus Freienbach. Dort, wo ja bekanntermassen rund 60 Donatoren mit je 2000 Franken eine Startruppe finanzieren. Eine Startruppe, der in der 37. Minute aber plötzlich die Knie im Rappenmöösli weich wurden, weil die Einsiedler nach einem schön herausgespielten Angriff mit einem strammen Flachschuss in die linke Ecke zum verdienten 1:1 ausglichen.
Fast schüchterner Jubel
Ein sanfter, fast schüchterner Jubel brandete für Sekunden von der Tribüne des FCE-Stadions auf und liess sämtliche Einsiedler Fans, die gekommen waren, auf mehr hoffen – aufgebrezelte Dorfschönheiten, junge Mütter mit friedlich schlafenden Babys im Tragetuch, Familien, Picknicker, die es sich in flauschigen Campingstühlen bequem gemacht hatten, um zwischendurch ein Wurstsandwich zu geniessen – und, ja sogar, waschechte FCE-Fans mit Trikot und Schals. Und vollem Bierbecher.
Doch in der zweiten Halbzeit merkten die Fans allmählich, was die Stunde geschlagen hatte. Als sich dann doch der «Bayern-Faktor» durchsetzte, nach dem Motto: Geld siegt und schiesst Tore, und die Freienbacher sich durch die Einsiedler Abwehr wirbelten und ihre Gegenspieler dabei im Stil einer Wendy Holdener wie Slalomstangen mühelos zu umkurven schienen, gabs kein Halten mehr. 1:5. Wieder einmal. «Die haben zwar tolle Einzelspieler», erkannte ein FCE-Fans neidlos an. «Dafür haben wir im Klosterdorf eine gewachsene Mannschaft aus Spielern, die sich aus der eigenen Jugend ganz nach oben kämpften. » Ein Zweiter meinte lakonisch: «Das ist doch alles nur zusammengekauft.» Ein Dritter sorgte sich dagegen um die einheimische Mannschaft: «Wir haben halt leider keinen Knipser vornedrin, und wir spielen viel zu defensiv. So kann Einsiedeln wohl auf Dauer diese Liga nicht halten.» Sagts und trinkt aus.
Als dann das letzte lachsfarbene Wölkchen im Abendrothimmel ergraute, war schliesslich auch der allerletzte rosarote Derbytraum im Rappenmöösli geplatzt. Ein schöner Abend war es trotzdem.
Bis zur Nati ist es wohl noch ein langer Weg: Ein junger Fan des FC Einsiedeln.
«Austrinkete» der speziellen Art: Die Niederlage ist geschluckt! Das Bier floss in Strömen beim Derby.
Auch sie drückten den Klosterdorf-Kickern die Daumen.
Die Lokalmatadoren marschieren in die Arena ein.
Sichtlich ein echter FCE-Fan: Mit Schal, Trikot – und Bier.
Es gibt auch noch interessantere Dinge als Fussball: Die Drei hatten sich Spielsachen von zu Hause mitgebracht.
Fussball macht echt Laune: Die Drei «fanten» natürlich für die einheimischen Kicker.
Nicht nur die Tribüne im Rappenmöösli-Stadion war gut besetzt. Fotos: Wolfgang Holz
Expertenrat im Rappenmöösli: Sie wissen genau, wie der FCE das nächste Mal wieder gewinnen wird.