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«Hier und heute kann man nicht klagen»

«Hier und heute kann man nicht klagen» «Hier und heute kann man nicht klagen»

Das Zusammenleben von Mensch und Pferden war Thema einer Tagung der «Stiftung zur Förderung der Einsiedler Marstallzucht – Für das Einsiedler Pferd». Praktische Teile und Referate fanden viel Beachtung.

FRIEDA SUTER

Für den Pferdekultur-Event in Einsiedeln konnte Ulrich Raulff gewonnen werden. Er fand vor sieben Jahren mit dem Buch «Das letzte Jahrhundert der Pferde» viel Beachtung. Er hat die Geschichte des 6000 Jahre langen Zusammenlebens von Menschen und Pferden in der Stadt, auf dem Land und seine Bedeutung in der Literatur und Kunst nachgezeichnet. Eine Zeit, in der der Mensch forderte und das Pferd vor allem we-gen seiner Kraft und Schnelligkeit gefragt war. «Im alten Bund waren die Pferde an der Seite der Knechte geschätzt, kaum bei den Herren», führte Ulrich Raulff aus.

In kaum erfassbarer Zahl sind die edlen Geschöpfe anfänglich auf den Schlachtfeldern und später auf den Verbindungswegen gestorben. «Schon vor 120 Jahren gab es eine Energiewende. Mit der weltweiten Revolution von Transport, Industrie und Landwirtschaft stieg der Bedarf an Pferden noch einmal an», erklärte der Autor. Das gipfelte im Zustand, dass das Arbeitsleben eines Pferdes vier bis fünf Jahre dauerte. Das Ende des Pferdezeitalters sei in den 60er-Jahren mit dem historischen Tiefststand der Anzahl Pferde gekommen, führte er unter anderem aus.

Die Antwort sieht Ulrich Raulff im neuen Bund: «Er ist vor allem von Frauen getragen.» Er gab zu bedenken, dass der Abschied von den Pferden auch der Auszug des Menschen aus der analogen Zeit war. Er regte zum Nachdenken in grösseren Dimensionen an und schloss versöhnlich mit dem Gedanken eines weisen Schimmels, der wohl sagen könnte «Hier und heute kann man nicht klagen».

Es geht immer um Vertrauen

Passion, Vertrauen und Wissen nannte Ulrich Raulff als wichtigste Faktoren für die Zukunft. Ähnliche Ansätze zeigten Esther Odermatt mit dem Schimmel Ambicioso und Olivia Cortesi im praktischen Teil des Anlasses in der Reithalle auf. Odermatt demonstrierte, wie sie als Psychologin mit Pferdeunterstützung arbeitet. Führung im Berufsleben ist das Thema von Olivia Cortesi. Sie brachte den 7-jährigen Einsiedlerwallach Raven MKE und Freiberger Raffi mit und zeigte, wie sich Mensch und Pferd in freier Arbeit aufeinander einlassen können. «Dazu braucht es Vertrauen, Respekt und Präsenz.» Mit Referaten im Grossen Saal des Klosters Einsiedeln zeigte Simone Rubli auf, dass Pferde im Parapferdesport vorurteilslose und ideale Partner sind (pfh-seh.ch). Hanspeter Meier hat als Veterinär mehrere Jahrzehnte der Vollblutzucht miterlebt und geprägt. Er zeigte Fakten auf, die dazu führten, dass 2020 in der Schweiz nur noch 14 Vollblutfohlen geboren wurden und dass Zucht und Haltung von Pferden weltweit vor grossen Herausforderungen stehen.

In der Diskussion mit den rund 50 Teilnehmenden am Event ging es um die Frage, ob es den Pferden heute besser geht als früher. Kritische Anmerkungen und erfreuliche Aspekte las-sen den Schluss zu, dass man sich gemeinsam dafür einsetzen will, dass die Menschen den wahren Wert des Zusammenlebens mit dem Pferd erkennen. Ulrich Raulffs Bilanz: «Es wird auch in Zukunft keine Beziehung ohne Leidenschaft geben.» Nebst Passion, Vertrauen und Wissen werde immer Freundschaft im Mittelpunkt stehen. Und: «Die Krisen werden von den Menschen gemacht, nicht von den Pferden …» Für die Zukunft sieht er Lichtblicke in Tätigkeiten wie jenen der Stiftung «Stiftung zur Förderung der Einsiedler Marstallzucht – Für das Einsiedler Pferd». Geschäftsführerin Esther Weiss hatte den Anlass in Einsiedeln vorbereitet und Reto Burkhardt, im ZKV (Zentralschweizer Verband der Kavallerie- Vereine) zuständig für den Bereich Pferd und Gesellschaft, führte durch die Themen.

Die Teilnehmer an der Tagung zum Thema «Über das neue Zusammenleben von Mensch und Pferd» in Einsiedeln zeigten viel Interesse an den Referaten und direkten Begegnungen mit Pferden.

Fotos: Frieda Suter

Olivia Cortesi zeigte mit dem Einsiedlerpferd Raven MKE auf, was möglich ist, wenn die Beziehung zwischen Mensch und Pferd von Respekt und Vertrauen geprägt ist.

Moderator Reto Burkhardt (von links) und die Referenten Ulrich Raulff, Hanspeter Meier, Esther Odermatt und Simone Rubli zeigten Wege für das Zusammenleben von Menschen und Pferden auf.

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