Der 23. Juni 2023 zeigt, dass sich der Kampf gelohnt hat
Im November 2016 schien das Ende des Willerzeller Viadukts besiegelt. Im Juni 2023 gibts ihn immer noch – fit gemacht für weitere Jahrzehnte.
Die 15-monatige Sperrung ist vorbei: Seit dem 24. Juni kann der Willerzeller Viadukt wieder befahren werden, komplett saniert und in neuer, alter Pracht.
Am Tag zuvor luden die SBB Behörden und Bevölkerung ein zu einem Fest. Das Wetter folgte der Dramaturgie der Geschichte: Erst dräuten Gewitterwolken, doch als sich die Festgemeinschaft gegen Abend versammelte, schien die Sonne.
Solche Wechsel durchlief auch der Willerzeller Viadukt, mit seinen 1115 Metern eine der längsten Brücken der Schweiz. Im Rahmen der Konzessionsverhandlungen drohte ihm im November 2016 das Aus. Der Verzicht von SBB und Schwyzer Regierung (und notgedrungen auch des Einsiedler Bezirksrats) war gleichzeitig die Geburtsstunde einer Volksbewegung, die sich den Erhalt des Viadukts als Autobrücke zum Ziel setzte.
Die Bewegung gewann rasch an Dynamik und führte zum Sinneswandel bei der Schwyzer Regierung. Sieben Monate nach der Aufgabe des Viadukts waren im Juli 2017 für die Regierung plötzlich wieder «alle Varianten denkbar». Als auch die SBB die politische Sprengkraft der Viaduktfrage erkannten, erhielt die Brücke eine zweite Chance. Der Rest ist Geschichte. Und so feierten am Freitag symbolisch alle zusammen: SBB, Behörden und Bevölkerung.
Seite 7 Freudentag für eine ganze Region
Am Freitag, 23. Juni, konnte der Willerzeller Viadukt seiner alten und neuen Bestimmung übergeben werden
Der Tag der Eröffnung des Willerzeller Viadukts wurde mit freudiger Erwartung herbeigesehnt. Die Bewohner aus Willerzell sind der Einladung der SBB zur Eröffnungsfeier in grosser Schar gefolgt. Freude und Dankbarkeit waren spürbar.
Bevor die Eröffnungsfeier um 16 Uhr begann, lud Jürg Nach-bur, Projektleiter der SBB Energie Bau und Technik, die geladenen Gäste ein zu einer Führung mit Einblick auf die ausgeführten Arbeiten. Im Jahr 2020 begann die Ausarbeitung des Projekts zur Sanierung des Viadukts Willerzell. Verschiedene Kommissionen und Beteiligte trafen sich zu unzähligen Meetings und erarbeiteten die bestmögliche Lösung. Diese sorgfältige Planung ermöglichte es, die Arbeiten effizient, hervorragend und zügig durchführen zu können. Die Unternehmer haben Hand in Hand gearbeitet. Es wurde in zwei Schichten gearbeitet, was eine Arbeitszeit von 7 Uhr bis 22 Uhr ergab, so dass die Sperrung möglichst kurz gehalten werden konnte.
Keine weitere Sperrung!
Es darf auch gesagt sein, dass während der Instandsetzung vom März 2022 bis Juni 2023 das Wetterglück auf der Seite der Sanierung stand. Dadurch konnten alle Arbeiten ohne Unterbruch erledigt werden und der Viadukt muss nun kein weiteres Mal gesperrt werden.
Geplant ist im Jahr 2038 eine erneute Belagsüberprüfung sowie die Prüfung einer eventuellen Verbreiterung der Fahrbahn. Ansonsten steht dem Viadukt für die nächsten 80 Jahre nichts im Weg. Das Rattern ist verschwunden
Auf dem 1114 Meter langen Viadukt, vom Birchli bis zum Mirli, wurden verschiedene Arbeiten ausgeführt. Die 14 Fahrbahnübergänge, die ein einzigartiges Geräusch nach sich zogen (einem Rattern gleich), gibt es in dieser Form nicht mehr. Es wurde ein Belag mit speziellem Kunststoffmaterial verwendet. Dieses dehnt sich aus oder zieht sich zusammen, je nach Wärme oder Kälte. Die alten Geländer wurden nicht ausgetauscht, sie wurden im Werk sandgestrahlt, neu beschichtet und erhielten dieselbe Farbe wie die Träger unter der Brücke. Die Leitplanken dagegen sind neu. Der Rand-port konnte dank des aufgestellten Gerüstes am Viadukt rund-um saniert werden. Das Känzeli in der Mitte des Viaduktes erstrahlt in neuem Glanz und das Jesuskreuz hat ein neues Häuschen erhalten.
Hinter dem Häuschen am Geländer hat es zwei Niveaumessgeräte, die den Seestand mes-sen. Diese Messgeräte seien sehr genau, während die Messgeräte bei der Staumauer je nach Wind, der das Wasser zur Staumauer «drückt», zwei bis drei Zentimeter Abweichung ha-ben können.
Unter dem Viadukt wurden die Längs- und Querträger über den Pfeilern und Joche der Stahlkonstruktion saniert. Die alten Schichten wurden abgetragen und vier neue Schichten aufgetragen. Dies sollte nun 40 Jahre halten. Der Viadukt erhielt auch neue Beleuchtungskandelaber. Eine Beleuchtung war zuerst nicht geplant, doch nach einigen Verhandlungen wurde man einig, dass dies für die Sicherheit unumgänglich ist. So zieren nun zwölf neue LED-Leuchten den Viadukt. Auch das Postauto ist zurück
Eine Alternativlösung brauchte es für die Postautolinien, da während der Sanierungszeit der direkte Weg über die Brücke nicht mehr passierbar war. Doch seit letztem Samstag, 24. Juni, kann seit 7.30 Uhr das Postauto nun wieder nach dem Original-Fahrplan benutzt werden.
Bei der Begehung sah man auf dem Randport etliche nummerierte Nägel, etwa 200 an der Zahl. Dies sind Messpunkte zur Kontrolle der Höhenmessung oder Veränderungen. Am Ende der Begehung bedankte sich Jürg Nachbur für das Interesse. Er erwähnte, dass durch die vielen Verhandlungen, Sitzungen und Besprechungen, durch das Geben und Nehmen das Resultat für alle Beteiligten sehr zufriedenstellend ausgefallen sei. Es war für alle ein grosses Projekt. Auch spricht er ein riesiges Lob aus an alle beteiligten Unternehmer für die top Arbeit und die Zusammenarbeit; auch der Projektleiter der SBB ist dankbar, dass es während der Sanierung keine Unfälle gab. Und noch etwas blieb nicht unerwähnt: dass die Sanierung günstiger ausgefallen ist als ursprünglich geplant. Was in der heutigen Zeit doch unüblich ist.