Veröffentlicht am

Eine andere Art von Schnäppchenjagd im «Seedi»

Das Bezirksgericht Höfe verurteilt ein serbisches Rentnerpaar fürs Umetikettieren von Preisschildern. Im Prozess hatte die Verteidigung die Staatsanwaltschaft für den Umgang mit Beweisstücken scharf kritisiert. Verurteilt wurde dann aufgrund von Videoaufnahmen.

HV. In diesem Strafprozess am Bezirksgericht Höfe kam es zum Schuldspruch aufgrund eines aufmerksamen Ladendetektivs und von Videoüberwachung. Verurteilt wurde – das noch nicht rechtskräftige Urteil könnte noch ans Kantonsgericht weitergezogen werden – ein seit rund 36 Jahren in der Schweiz lebendes serbisches Rentnerpaar. Den Prozess ausgelöst hatten Ereignisse in einem Warenhaus im Seedamm-Center vom 7.August 2021. An diesem Samstag herrschte schwüles Sommerwetter. Perfekt, um im Einkaufscenter Abkühlung zu suchen. Doch wie ein Warenhausdetektiv, die Kantonspolizei, die Staatsanwaltschaft und das Bezirksgericht zum Schluss kamen, führte das inzwischen geschiedene Paar damals anderes im Schild. Laut Anklageschrift begab sich das Paar im geschädigten Geschäft in den «Sales-Bereich », wo vergünstigte Ware auf Schnäppchenjäger wartete. Dort wurde von einem Kleiderständer ein reduziertes Kleidungsstück genommen und man begab sich damit zu nicht reduzierten teuren Markenkleidern. Der «Rabatt-Kleber» wurde dann am teuren, regulär angeschriebenen Produkt über die Preisetikette geklebt, um vorzutäuschen, das Markenprodukt werde zum günstigeren Preis verkauft. Schliesslich wurde an der Kasse der manipulierte Preis bezahlt.

Rund 170 Markenkleider betroffen Die Vorgänge waren auf Bildern der Videoüberwachung zu sehen. Dies führte dazu, dass man gleichentags zuerst die Frau anhielt und die Polizei hinzuzog. Diese konnte dann im Einkaufscenter auch den damaligen Gatten anhalten. Gemäss dem Einzelrichter legte der Mann zuerst ein Geständnis ab, widerrief dieses aber wieder.

Laut Staatsanwaltschaft hatte das Paar «wissentlich und willentlich Preisetiketten von reduzierten Kleidungsstücken an ungefähr 170 Markenkleidern angebracht». Es waren so viele Produkte, weil die zwei – wie man anhand weiterer Videos feststellte – auch noch in Rapperswil aktiv gewesen waren. Zudem wurden viele weitere Kleidungsstücke bei der Durchsuchung der Wohnung sowie des Autos des Paares beschlagnahmt. Letztlich wurden vor Gericht Delikte behandelt, die sich zwischen 2019 und 2021 zugetragen haben sollen. Anklage bleibt Prozess fern

Das Paar sass während der Strafuntersuchung für 19 Tage in Haft. Dann, am Prozesstag Mitte der ersten Juniwoche, blieben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch eine Vertretung des geschädigten Warenhauses fern. Und im Rahmen der Befragung durch das Gericht zeigten sich die zwei Angeklagten wortkarg. Selbst Fragen zur Person oder den Lebensumständen blieben unbeantwortet oder ernteten als Replik ein kurzes «keine Antwort».

Dass sich die Verhandlung dann doch über rund drei Stun-den netto hinzog, war zum einen der Übersetzung ins Serbische geschuldet, zum anderen hatte sich das Gericht zu beraten. Grund dafür war der Antrag der Verteidigung, «dass die als Deliktsgut bezeichnenden Kleidungsstücke wieder zu den Akten zu legen seien, um sie dem Gericht und der Verteidigung wieder zur Einsicht offenzulegen». Verteidigung übt scharfe Kritik

Und ebendieser Antrag hatte es in sich. Die Verteidigung wusste nämlich bereits, dass ihr das Gericht unmöglich würde Folge leis-ten können. Letztlich beschied nach der Verhandlungspause der Einzelrichter: «Die Staatsanwaltschaft hatte schon am 15. September 2021 die Beschlagnahmung der Kleidungsstücke teilweise aufgehoben und einen Teil davon den Beschuldigten zurückgegeben.» Schliesslich habe die Staatsanwaltschaft später, am 8. Oktober 2021, ebenfalls entschieden, auch die übrige Beschlagnahmung aufzuheben und die restlichen Kleidungsstücke freizugeben, diese Übergabe erfolgte aber an das Warenhaus.

Dass man die beschlagnahmte Ware dem Warenhaus wieder ausgehändigt hatte, war für die Verteidigung die reinste «Munition». «Für uns sind diese Beweise kontaminiert, weil das Warenhaus dadurch die Gelegenheit erhielt, sie zu manipulieren », führte die Anwältin aus. Anstatt das beschlagnahmte Gut sicher zu lagern und zu protokollieren, «hat der Staat mit der Rückgabe die Unschuldsvermutung verletzt». Weiter hielt der Verteidiger fest, dass «die ganze Einvernahme total chaotisch verlief». Die zwei Angeklagten seien Opfer und nicht Täter. «Es handelte sich faktisch um eine Enteignung », führte in diesem Zusammenhang die Verteidigerin aus.

Verworrene Beweislage

Trotz dieser Kritik an der Beweislage erfolgte eine Verurteilung wegen mehrfachen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung. Unzweifelhaft sei auf den Videoaufnahmen zu sehen, wie das Paar gemeinsam vorging, um die Kleidungsstücke unrechtmässig zu Aktionspreisen zu erwerben. Aufgrund des verkürzten Zeitraums wurde das Strafmass jedoch reduziert: Die Frau erhielt eine Geldstrafe von 900 Franken, der jetzige Ex-Mann eine von 1800 Franken. Beide Strafen sind bedingt mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren. Ferner muss sie Verfahrenskosten von 6377 Franken tragen, er 8117 Franken berappen. Die eigentliche Deliktsumme war mit rund 5000 Franken um einiges tiefer.

Share
LATEST NEWS