Genugtuung

CYRIAC ON EM-TOUR

Sonntag, 23.17 Uhr, das Olympiastadion Berlin erstrahlt in Gelb und Rot. Alvaro Morata streckt den Pokal zum Himmel, begleitet durch ein Feuerwerk vom Dach des Stadions. «We are the Cham-pions » hallt es aus den Lautsprechern. Es ist ein hochverdienter Abschluss des ganzen Turniers. Spanien gewinnt die Europameisterschaft verdient, fussballerisch waren sie definitiv das stärkste Team im Turnier.

Früh zeichnet sich ab, wie dieses Spiel hier abläuft. Einbahnfussball, Spanien Edition. England kriegt gegen das junge spanische Team kaum Luft. In der ersten Halbzeit kommen aber beide Teams kaum zu Torchancen. Verkommt das Ganze zu einem langweiligen Final? Denkste. Hälfte zwei ist keine 70 Sekunden alt, spielt Turnierjungspund Yamal (am Vortag erst 17 geworden!) auf Turnierentdeckung Nico Williams (auch erst gerade 22 geworden). Und schon führen die Spanier. Sauber herausgespielt. Im Anschluss können diese trotz ein, zwei guten Chancen ihre Führung nicht ausbauen. So kommt es, wie es kommen musste.

England zeigt mal wieder sein Comeback-Gesicht, gleicht ebenfalls mit einer schönen Ballstafette aus. Trotzdem ist es Spanien, das spät zum Sieg trifft. Es ist ein Stich ins Herz der Supporter vom Ursprungsland des Fussballs. Und irgendwie auch eine Genugtuung für das Schweizer Fussballherz, war man doch beim Ausscheiden vor etwas mehr als einer Woche noch das bessere Team. Und so ist es halt ein weiteres Grossturnier wie eigentlich jedes Mal. Football is not comming home.

Es war ein schönes Turnier in Deutschland. Das Fussballherz wieder ein bisschen bereinigt nach der Corona-EM und der Weltmeisterschaft im Skandalstaat Katar. Es ist schön zu sehen, dass der Fussball Menschen bewegt, wenn er auch in einem Land stattfindet, wo Fussball gelebt wird. Einige stellten mir noch die Frage, wie ich überhaupt an Tickets kam: Durch eine Mitgliedschaft bei der Fankurve Schweiz war ein Ticket pro Spiel garantiert. So kostete zum Beispiel ein Ticket für den Viertelfinal nur den Originalpreis 60 Euro und nicht Schwarzmarktpreis im hohen dreistelligen Bereich.

Die Frage stellt sich: wie weiter? Die Schweiz trifft nun in der Nations League auf Dänemark, das brisante Serbien und auf den Europameister Spanien. Noch nicht ganz klar ist, wo es mich dann überall hinzieht. Eigentlich steht nur Serbien so gut wie fest, der Rest ist Budget-Frage. Zuerst kommt aber wieder der Clubfussball und da ist die nächste angepeilte Destination exotisch. Mit meinem Verein FC St. Gallen geht es Ende Monat wohl nach Kasachstan. Unglaublich, wo einen dieser Sport so hintreibt.

* Cyriac Schnyder (*1998) ist im In- und Ausland oft an Fussballspielen anzutreffen. Manchmal gar lieber an einem Amateur-spiel als bei den Profis. Der gelernte Chemielaborant ist oft mit der Kamera an den Spielen, um diese zu dokumentieren. Während der Euro reist er durch Deutschland und berichtet im EA exklusiv über seine Erlebnisse am Fussballgrossturnier.