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Des «sehr guten» viel zu viel!

Des «sehr guten» viel zu viel! Des «sehr guten» viel zu viel!

NACHKLANG

Die Einsiedler Orgel-Saison hat begonnen – mit einem «Paukenschlag »! Stücke, gespielt mit zwei, oder gar drei Orgeln! Für mich eine Premiere, sensationell. Doch zum Konzert, das zwei Schwergewichte kannte: Einsiedler Mönche als Komponisten und Bruckner.

Wunderschön begann es mit drei Orgeln, die «Sonata a tre organi …» von P. M. Müller. Sie kam ganz leicht daher wie ein Schreiten durch Tüllvorhänge. Gehaltvolle Melodien, schön gesponnen, abwechslungsweise den Faden aufnehmend.

P. A. Schubigers «Cäcilienmarsch » ist das «Einsiedler Paradestück » auf der Orgel. Man summt mit, wobei diese Fassung mit wiederum drei Orgeln vielleicht aus Rücksicht auf die Chororgel weniger wuchtig daherkommt als üblich. Schön.

Der «Kolpingsmarsch» von P. B. Breitenbach kam «spanisch streng und wohlgeordnet» zu mir. Er «sprach» auch präsidial für die Einsiedler Kolpingianer, denen er vorstand, mal resoluter, mal dahingleitend.

P. D. Meiers «Toccata und Fuge» kam, wie das Stück vorhin, «nur» noch mit zwei Orgeln daher. Dieser grosse Kontrast zum Bisherigen, schwülstig, den Raum überlagernd. Ich werde von die-sen Tonkaskaden an die Wand gedrückt, die Wucht lässt mich nach Luft schnappen, ich verlor den Halt. Eine irre Angelegenheit, da spielten Berserker gekonnt an den Orgeln!

Die «Sinfonietta Catalana» von P.Theo Flury, nun vom Hauptorganisten des Abends, Stefano Bertoni, dargeboten, war mir im ers-ten Teil fast zu diszipliniert, nicht «Flury-like»! Das änderte sich aber im zweiten Teil. Spanisches Temperament leuchtete auf, schön wiedergegeben.

Bruckners «Sinfonia in f-Moll», ein Schwergewicht, das vom Organisten gewaltig viel abverlangte, zog mich in lyrische Gefilde. Morgennebelverhangene Bäume, schüchtern beschienen, tauchten vor mir auf. Leichtes Schreiten über Moos, stehen bleiben und lauschen, Fantasybilder, die sich erst verfestigen und dann im Nichts verschwinden – gewaltig.

Aber, und jetzt komme ich zum grossen «Aber». Der ganze Konzertabend war viel zu lang, überforderte nicht nur mich! Diese gekonnte Fülle war nicht mehr aufnehmbar. Der erste Teil hätte für den Abend gereicht, und der Zweite in seiner Klangfülle ebenso. Organist Stefano Bertoni und seine beiden Mitstreiter P. Theo Flury und Mirjam Wagner haben mich/uns beeindruckt, aber auch erschlagen zurückgelassen. Zumal einem nach über zwei Stun-den Sitzen auf den harten Kirchenbänken das F. geschmerzt hat.

Paul Jud * Paul Jud schreibt in der Kolumne «Nachklang» seine Eindrücke nieder. Er tut das aus persönlicher Sicht und erhebt dabei keinen Anspruch, auch für andere Konzertbesucher sprechen zu wollen.

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