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Inzest-Fall muss neu begründet werden

Schwyz. 2020 hatte ein heute 58-jähriger Deutscher in der gemeinsamen Wohnung in Sattel versucht, seine Tochter, mit der er eine Liebesbeziehung pflegte, umzubringen. In zweiter Instanz war der Mann vom Schwyzer Kantonsgericht im vergangenen November zu einer Freiheitsstrafe von elfeinhalb Jahren verurteilt worden. Zudem wurde ein Landesverweis von 13 Jahren angeordnet.

Die Dauer der Freiheitsstrafe fiel gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil des Strafgerichts um zweieinhalb Jahre höher aus. Er wurde in zweiter Instanz auch wegen mehrfachen Inzest und wegen versuchter vorsätzlicher Tötung verurteilt. Die beiden lernten sich erst kennen, als sie 21-jährig war. Sie lebten über Jahre hinweg zusammen, zuletzt in Sattel, und hatten einen gemeinsamen Sohn. Als die Frau sich prostituieren wollte, kam es zum tragischen Konflikt. Die Frau überlebte die Messerattacke schwer verletzt.

Der Mann zog die Angelegenheit ans Bundesgericht weiter, focht dort aber lediglich das Strafmass an. Das Kantonsgericht habe mit der Verschärfung des Urteils das Verschlechterungsverbot verletzt, rügte er. Das Schwyzer Gericht habe die Strafe zu Unrecht mit Bezug auf den unangefochtenen Schuldspruch wegen mehrfachem Inzest um 12 Monate erhöht. Das Kantonsgericht habe damit über Punkte entschieden, über welche es nicht mehr hätte entscheiden dürfen.

Die Lausanner Richter kommen im Urteil zum Schluss, das Kantonsgericht hätte in seinem Urteil erläutern müssen, weshalb es die Inzest-Strafe für den Vater mit 18 Monaten höher angesetzt habe als jene, zu der die Tochter verurteilt worden sei. Die Staatsanwaltschaft hatte nämlich die Tochter per Strafbefehl mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 50 Franken bestraft, was einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten entspricht.

Laut dem Bundesgericht ist eine unterschiedliche Bestrafung möglich, allerdings hätte das Kantonsgericht dies begründen müssen. Da die Schwyzer Richter diese Begründung nicht vorgenommen haben, hob das Bundesgericht das Urteil auf und schickte die Sache zur neuen Beurteilung nach Schwyz zurück. Der Kanton Schwyz hat die Gerichtskosten zu tragen und den Verteidiger des Deutschen mit 3000 Franken zu entschädigen./ one

Hinweis: Urteil 6B_77/2024 vom 2. Juli 2024

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