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«Wenn man keine Angst mehr hat, stimmt etwas nicht»

«Wenn man keine Angst mehr hat,  stimmt etwas nicht» «Wenn man keine Angst mehr hat,  stimmt etwas nicht»

Der Nidwaldner Pedro Diehl sorgt als Securitas-Teamleiter für Sicherheit rund um die Einsiedler Welttheaterbühne. Obwohl der Einsatz auf dem Klosterplatz relativ ruhig ist, bringt er seine Besonderheiten mit sich.

Mit ruhigem und selbstbewusstem Blick parkiert Pedro Diehl seinen Wagen. Er zieht sein blaues Securitas-Beret an und nimmt seinen Rucksack aus dem Kofferraum. Dann geht er zielsicher aus der Kloster-Tiefgarage in Richtung Klosterplatz. «Sobald ich die Uniform trage, bin ich an der Arbeit und muss damit rechnen, dass ich von jemandem angesprochen werde», meint Diehl pflichtbewusst.

Zusammen mit einer Kollegin und einem Kollegen übernimmt er den Sicherheitsdienst während der heutigen Welttheateraufführung. In etwas mehr als einer Stunde beginnt das Stück.

Briefing vor dem Einsatz

Es ist ein aussergewöhnlich warmer Sommerabend. Neben dem Container haben sich die Samariter und Sicherheitsleute des Welttheaters in ihren gel-ben Westen versammelt und geniessen sichtlich das gute Wetter. Nachdem er und seine Kollegen das Funkgerät mit Kopfhörer und Mikrophon montiert haben, beginnt das gemeinsame Briefing mit dem Einsatzkoordinator Conrad Kälin. Die Plastikrollen, auf denen bereits die Absperrbänder in der richtigen Länge aufgewickelt sind, werden ausgehändigt. «Patent angemeldet », wird gewitzelt. Tatsächlich erfüllen die Bänder einen wichtigen Zweck: Eine Viertelstunde vor Spielbeginn werden sie gespannt, um Passanten davon abzuhalten, während des Spiels das Theatergelände zu betreten. Zusammen mit seinen Kollegen macht sich Diehl zum Klosterplatz auf, um schon mal die Eisengitter aufzustellen, zwischen denen die Bänder später gespannt werden. Danach macht er eine erste Kontrollrunde auf dem Platz, auf dem es noch von Besuchern wimmelt, die die Abendsonne geniessen.

Auch die Terrassen rund um den Klosterplatz sind gefüllt. «Der Lärm von diesen Terras-sen wird heute am ehesten das Problem sein», meint Diehl, während er seinen routinierten Kontrollblick über den Platz schweifen lässt.

Einstieg bei der Securitas nach dem Militärdienst Diehl stammt aus einer brasilianisch- schweizerischen Familie und ist im nidwaldischen Buochs aufgewachsen. Nach der Schule absolvierte er eine Lehre als Automobilfachmann und ging anschliessend ins Militär. «Ich wusste schon damals, dass ich später etwas anderes machen möchte und bewarb mich nach dem Militär bei der Securitas.» Die Weiterbildungsund Aufstiegsmöglichkeiten im Ordnungsdient bis hin zum Ausbildner reizten ihn.

Die unregelmässigen Arbeitszeiten sind kein Problem für ihn – im Gegenteil: «Es gefällt mir, wenn etwas läuft und ich draussen sein kann», so Diehl. Dafür, dass er erst ein gutes Jahr bei der Securitas arbeitet, hat er auch schon einiges erlebt. So war er beispielsweise im Bundesasylzentrum Glaubenberg eingesetzt, wo es bereits zu Bombendrohungen und Massenschlägereien unter den Insassen gekommen ist. «Unsere Aufgabe war es, die Leute voneinander zu trennen», erklärt Diehl. «Respekt vor Menschen jeder Nationalität spielte dabei eine wichtigte Rolle.» Darauf angesprochen, ob er auch schon Angst bekommen habe, meint er: «Ich bleibe meistens ruhig. Aber wenn man keine Angst mehr hat, stimmt etwas nicht.» Weitere Einsätze leistet Diehl im Luzerner Fussballstadion oder während Eishockey-Spielen in Zug. Es gibt aber auch ruhigere Dienste – zum Beispiel an der Reception eines Spitals oder als Aufsicht während einer Generalversammlung.

«Mit gefällt, dass man viele Leute kennenlernt und Orte betreten kann, zu denen man normalerweise keinen Zutritt hat», erklärt Diehl. In dieser Hinsicht war der diesjährige Ukraine-Gipfel auf dem Bürgenstock der Höhepunkt seiner Securitas-Karriere. «Jeder Einsatz hat seine speziellen Anforderungen. Aber den Kopf muss man überall bei der Sache haben.» Das gilt auch für das Welttheater, wo Diehl sein dreiköpfiges Team leitet. «Die Sicherheit ist hier weniger das Problem. Weil es aber relativ viele ältere Zuschauer gibt, spielt die medizinische Versorgung eine wichtigere Rolle», analysiert der Wachmann.

Der Platz leert sich, das Stück kann beginnen Inzwischen ist er auf der anderen Seite des Klosterplatzes angelangt, wo sich auf dem Weg zum Abteihof noch viele Menschen tummeln. Eine der wichtigsten Aufgaben vor der Aufführung ist es, aus diesem Bereich rechtzeitig alle Klosterbesucher wegzubringen, und zwar möglichst ohne Hektik. Gleichzeitig muss auch sichergestellt werden, dass alle Evakuierungswege frei sind. «Sobald hier die Absperrungen stehen, ist der grösste Stress an diesem Abend vorbei », meint Diehl. Schon läutet das Gongzeichen aus den Lautsprechern, das die Zuschauer mahnt, ihre Plätze aufzusuchen. Langsam leert sich das Terrain um die Bühne von Zaungästen und Touristen.

Diehl macht für alle Fälle noch eine Funk-Verbindungskontrolle. Das Zusammenspiel zwischen der Securitas und den Sicherheitsverantwortlichen des Welttheaters und den Samaritern funktioniert reibungslos. Eine Kollegin schliesst noch ihren Kopfhörer an, damit der Funkverkehr nicht das Theater stört. Alles bereit!

Spannende Momente hinter der Bühne Dann beginnt die Aufführung, Diehl hat seine Position unterhalb der Bühne eingenommen. Während des ganzen Abends pendelt er zwischen seinen beiden Kollegen hin und her, die jeweils an den beiden Seiten des Klosterplatzes postiert sind. Das Welttheater bekommen die Wachleute in erster Linie akustisch mit. Manchmal erhascht Diehl auf seinem Rundgang einen Ausschnitt des bunten Weltspektakels. «Hin und wieder habe ich bei meiner Arbeit die Gelegenheit, eine Veranstaltung mitzuverfolgen, so auch Konzerte im KKL.» Aber er verliert dabei niemals das Geschehen aus den Augen.

Abgesehen vom apokalyptischen Geschehen auf der Bühne bleibt die Lage so ruhig wie auch an den übrigen Aufführungstagen. Nur ein einziges Mal während dieser Saison hatte ein Betrunkener für Unruhe gesorgt, der unbedingt die Tribüne besteigen wollte. «Wir mussten abwägen, ob wir eingreifen sollen oder nicht», schildert Diehl die schwierige Situation. «Schliesslich liessen wir ihn in Ruhe die letzten Minuten des Theaters von der Treppe aus anschauen. Das Stück war sowieso schon fast zu Ende.» Und auch diesmal geht die Zeitreise in Calderóns Jahrhundert wie im Flug. Der begeisterte Schlussapplaus gibt das Zeichen für die Entfernung der Schranken und Absperrbänder, damit die Zuschauermassen ungehindert auf den Platz strömen können und auch Pedro Diehls diskreter Auftritt hinter der Bühne kommt an sein Ende.

Fotos: Eugen von Arb


Eine Stunde vor der Aufführung bespricht Pedro Diehl das Sicherheitsdispositiv mit Conrad Kälin.

Als Teamleiter darf Pedro Diehl niemals den Überblick verlieren.

Letzte Fragen werden geklärt.

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