«Ein einziger Knall kann das Gehör dauerhaft schädigen»
Beim Bund macht man sich Sorgen wegen illegal importiertem Feuerwerk. Entsprechende Fälle gab es in jüngster Vergangenheit auch im Kanton Schwyz.
Ob 1. August oder Silvester: Viele Feuerwerkskörper tönen dermassen laut, dass man sich unweigerlich fragt: Ist das wirklich alles legale Ware? Mitte Juli wies das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) in einer Medienmitteilung darauf hin, dass im Vorfeld des 1. Augustes jeweils «viel» Feuerwerk in die Schweiz importiert werde. Das BAZG machte darauf aufmerksam, dass beispielsweise Feuerwerk, welches auf dem Boden explodiert – Kracher, Böller, Petarden –, zur Einfuhr grundsätzlich nicht zugelassen sei. Die Einfuhr verbotener Feuerwerkskörper oder fehlende Einfuhrbewilligungen würden bei der zuständigen Behörde zur Anzeige gebracht, so das BAZG weiter.
Die zuständigen Behörden sind in solchen Fällen die kantonalen Strafverfolgungsbehörden. Um wie viele Fälle geht es dabei? Auf Anfrage teilt eine BAZG-Sprecherin mit: «Das BAZG verfügt über keine Auswertung der Übermittlungen an die kantonalen Strafbehörden von Fällen bezüglich Pyrotechnik im Reiseverkehr. » Unklar bleibt auch, wie gross das Ausmass der importierten Pyroware ist. Das BAZG führt keine entsprechenden Statistiken. Die Mitarbeitenden des BAZG würden aber jeweils vor dem 1. August und vor Silvester im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit ein besonderes Augenmerk auf Feuerwerkskörper richten. In dieser Zeit komme es auch regelmässig zu Aufgriffen.
Auch in Schwyz kam es zu Strafbefehlen «Gemäss unserer Geschäftsdatenbank kam es seit dem ers-ten Januar 2021 bis dato zu zwei Verzeigungen durch das BAZG wegen Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz, begangen dadurch, dass pyrotechnische Gegenstände unerlaubt eingeführt wurden», teilt die Staatsanwaltschaft Schwyz auf Anfrage mit. Beide Strafverfahren seien je mit einem Strafbefehl abgeschlossen worden. Zum Vergleich: Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Uri gab es im Kanton Uri in den letzten Jahren überhaupt keine derartigen Fälle. Anders zum Beispiel im Kanton Schaffhausen. Die dortige Staatsanwaltschaft hat allein im Jahr 2024 aufgrund von Anzeigen des BAZG bereits rund 25 entsprechende Strafbefehle mit Bussen erlassen. Offen bleibt die Frage, wie viele Fälle von illegalem Feuerwerk gar nie entdeckt, respektive abgeklärt werden.
Knalle sind besonders gefährlich Das Bundesamt für Gesundheit weist auf Anfrage darauf hin, dass hohe Schallpegel das Gehör schädigen können. «Dabei spielen die Lautstärke und die Hördauer eine entscheidende Rolle», sagt BAG-Sprecherin Céline Reymond. «Je lauter desto schneller ist das Gehör in Gefahr. » Knalle seien besonders gefährlich. «Schon ein einzelner Knall kann das Gehör dauerhaft schädigen.» Das BAG empfiehlt das Tragen von Gehörschützen – gerade auch im Falle von Kindern.
Gleich die Beurteilung von Stefan Weder, Leitender Arzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten beim Universitätsspital Bern: «Feuerwerkskörper können extrem laute Geräusche erzeugen, die bis zu 150 Dezibel erreichen. Solche hohen Lautstärken können bereits bei kurzen Expositionen zu permanenten Gehörschädigungen führen. Deswegen raten wir zu verantwortungsvollem Umgang, insbesondere bei Kindern. Halten Sie einen sicheren Abstand von mindestens 20 Metern ein und tra-gen Sie bei lauten Feuerwerkskörpern Gehörschutz.» Ein Problem ist aber: Manchmal werden Knaller oder Böller unvermittelt und ohne Vorwarnung gezündet. Dies teilweise auch an Zeitpunkten ausserhalb des 1. August- oder Silvesterabends. Unbeteiligten Passanten bleibt dann gar nicht die Zeit, sich entsprechend schützen zu können.
Kantonsarzt verweist auf SUVA- und BFU-Vorschriften
Der Schwyzer Kantonsarzt Christos Pouskoulas weist auf Anfrage ebenfalls darauf hin, dass im Umgang mit Feuerwerk grundsätzlich immer die allgemeinen Sicherheitsmassnahmen einzuhalten seien. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn Kinder dabei sind. Die entsprechenden Massnahmen seien kompakt auf den Seiten der BFU und der Suva zusammengefasst. «Es ist denkbar, dass das Gehör durch einen lauten Knall ein sogenanntes Knalltrauma erleidet, wenn man sich zu nahe an einem explodierenden Feuerwerkskörper befindet», erklärt Kantonsarzt Christos Pouskoulas weiter. Ein wichtiger Bestandteil der Sicherheitsmassnahmen sei deshalb auch der ausreichend grosse Sicherheitsabstand. «Wird die-ser eingehalten, schützen Sie sich und die Kinder in Ihrer Obhut vor Feuer, Funken und Splitter und gleichzeitig schützen Sie das Gehör vor zu lauten Explosionen. »
Suva: rund 200 gemeldete Unfälle pro Jahr
Fakt ist, dass auch «gewöhnliches » Feuerwerk zu Problemen führen kann. Gemäss Suva ereignen sich pro Jahr rund 200 Unfälle mit Feuerwerkskörpern. Die Verunfallten sind zu 70 Prozent Männer, über die Hälfte der Verunfallten ist jünger als 30 Jahre. «Mit rund 35 Prozent sind Gehörschädigungen die häufigste Folge dieser Unfälle», schreibt Suva-Sprecherin Regina Pinna. «Vielfach kommt es auch zu Verbrennungen, nämlich in rund 30 Prozent der Fälle.» Ein genauerer Blick in die Statistik ergibt, dass es zwischen 2018 bis 2022 zu insgesamt 1043 Fällen von Feuerwerksunfällen kam. Diese verursachten Kosten in der Höhe von 7,96 Millionen Franken. Es geht dabei um Kosten, welche UVG-versicherten Personen zustehen, also etwa Pflegeleistungen, Taggelder, Kostenvergütungen oder Massnahmen für die Wiedereingliederung. Zu beach-ten ist, dass sich die erwähnten Zahlen bloss auf Suva-versicherte Personen beziehen. Sprecherin Regina Pinna geht zudem davon aus, dass im Bereich «Feuerwerksunfälle » eine beträchtlich hohe Dunkelziffer besteht. Dies weil vermutlich viele Leute einen entsprechenden Vorfall gar nicht melden respektive nicht zum Arzt gehen.
führen. Foto: Eugen von Arb