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BVG-Reform – Pro und Kontra

BVG-Reform – Pro und Kontra BVG-Reform – Pro und Kontra

Reform der zweiten Säule: Gut für kleine Einkommen oder Vorlage für die Finanzindustrie?

Am 22. September stimmt die Schweiz über die Reform der beruflichen Vorsorge ab. Alt Ständerat Alex Kuprecht (SVP) ist dafür, die Schwyzer SP-Präsidentin Karin Schwiter dagegen.

Die am 22. September zur Abstimmung kommende Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) ist dringend und nimmt wichtige gesellschaftliche Veränderungen auf. Betroffen davon sind rund 15 Prozent, die lediglich im Obligatorium mit Mindestleistungen versichert sind. Die allermeisten Versicherten mit überobligatorischen Leistungen sind bei der Anpassung des Umwandlungssatzes nicht betroffen. Ihre Vorsorgereglemente wurden schon früher an die längere Lebenserwartung angepasst und Umwandlungssätze unter 6 Prozent festgelegt. Diese dringende Reduktion wird nun auch im Obligatorium vorgenommen. Für die kommenden 15 Jahrgänge wurden Ausgleichsmassnahmen mit hohen lebenslänglichen Rentenzuschüssen beschlossen und federn die Reduktion ab. Diese Rentenzuschüsse bezahlen die Vorsorgeeinrichtungen und der Sicherheitsfonds aus ihren speziellen Reserven ohne zusätzliche Lohnbeiträge und betragen insgesamt rund 12 Milliarden Franken. Rentenverluste sollte es deshalb keine geben. Wer also mehr auf sein Konto einzahlt, wird später mehr Kapital haben. Die Arbeitgeber zahlen mit. Eigentlich logisch und einfach. Wer nichts oder weniger spart, wird nichts oder weniger haben.

Zentral an der Vorlage ist jedoch, dass die gesellschaftliche Entwicklung bezüglich Teilzeitarbeit und Mehrfachanstellungen endlich berücksichtigt wird. Das bedeutet, dass künftig nicht mehr pauschal ein Koordinationsabzug von 25’725 Franken, sondern neu 20 Prozent eines Einkommens abgezogen wird. Das erhöht das versicherte Einkommen massiv, bedeutet jedoch höhere Sparbeiträge und somit ein höheres Endkapital bei Erreichen des Pensionsalters. Wer also in Teilzeitarbeit 25’000 Franken verdient, ist künftig ebenfalls im BVG versichert und fällt nicht zwischen Stuhl und Bank. Dadurch werden zusätzlich rund 70’000 Personen neu versichert sein, und rund 30’000 Personen werden ein höheres versichertes Einkommen haben. Dieser Fortschritt wird Auswirkungen auf neue Leistungen bei Erwerbsunfähigkeit und im Todesfall ha-ben. Ohne Reform gäbe es diese Leistungen nicht. Eine Ungerechtigkeit wird somit beseitigt!

Dieser Reform ist eine intensive Zusammenarbeit der bürgerlichen Kolleginnen und Kollegen in den Kommissionen des National- und Ständerates vorausgegangen. Als Koordinator durfte ich diesen Kompromiss mitbegleiten und mitgestalten. Ich gebe es gerne zu; den einen oder anderen Punkt hätte ich lieber etwas anders ausgestaltet. Aber ein Kompromiss in einer so komplexen Materie braucht ein Entgegenkommen aller Akteure. Leider war dies mit den Gewerkschaften, der SP und den Grünen nicht möglich. Sie pochten auf eine Lösung, die rund 20 Milliarden Franken mehr gekostet und das Problem der Teilzeitarbeitenden (meistens Frauen und immer öfter auch Männer) nicht gelöst hätte. Sie rückten von Beginn weg keinen Millimeter von ihrer Position ab! Eigentlich schade.

Ich bitte Sie deshalb, geschätzte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, diesem Kompromiss zuzustimmen und ein Ja auf Ihren Stimmzettel zu schreiben. Es ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft der beruflichen Vorsorge. Der gesellschaftliche Wandel wird aufgenommen und berücksichtigt. Viele teilzeitarbeitende Frauen, aber auch Männer werden für dieses vorausschauende Handeln dankbar sein. Ohne Reformzustimmung wird in den nächsten zehn Jahren nichts mehr passieren, und die Mängel werden bleiben.

Die Pensionskassenreform will die Lohnabzüge erhöhen. Über 2 Milliarden Franken sollen wir Erwerbstätigen jedes Jahr mehr einzahlen. Das würde bedeuten, dass wir Ende Monat alle weniger Geld auf dem Bankkonto ha-ben. Bekommen wir dafür später entscheidend mehr Rente? Nein. Denn die Pensionskassenreform will auch den garantierten Umwandlungssatz sen-ken. Das heisst, wir bekommen für dieselbe Menge angesparten Geldes zukünftig weniger Rente. Mehr bezahlen für weniger Rente? Nicht mit uns!

Besonders hart würden die Änderungen die älteren Erwerbstätigen treffen, die in den nächsten paar Jahren in Rente gehen. Sie haben gar nicht mehr die Zeit, mehr anzusparen. Aber auch der breite Mittelstand ist betroffen. Miete, Krankenkasse, Essen – alles ist teurer geworden. Viele von uns haben deshalb den Gürtel bereits enger schnallen müssen. Der weitere Lohnverlust macht die Situation noch schwieriger.

Würde die Pensionskassenreform denn wenigstens das Problem der Frauen lösen, die Teilzeit arbeiten und bisher aufgrund des Koordinationsabzugs kaum für die Rente ansparen konnten? Nein. Denn 9 von 10 Pensionskassen haben die tiefen Pensen bereits heute versichert. Für sie alle ändert sich nichts. Hinge-gen hat das Parlament es verpasst, Betreuungsgutschriften einzuführen, wie wir sie in der AHV kennen. Damit bleibt das Hauptproblem der Frauen ungelöst: Für all die Betreuungsarbeit, die sie für Kinder und ältere Angehörige leisten, würden sie aus der zweiten Säule auch weiterhin keinen Franken Rente bekommen.

Profitieren denn wenigstens die Pensionierten? Nein. Denn das Parlament hat es auch verpasst, für sie einen Teuerungsausgleich einzubauen. Allein in den letzten drei Jahren haben ihre Renten 5 Prozent an Kaufkraft verloren. Das ist bei einer durchschnittlichen Pensionskassenrente 100 Franken weniger jeden Monat. Seit vielen Jahren hat man ihnen versprochen, das Problem der Teuerung zu lösen. Ihr Anliegen bleibt ungelöst.

Geht es den Pensionskassen denn so schlecht, dass wir diese Revision unbedingt brauchen? Nein. Sie haben über 110 Milliarden Franken an Reserven angehäuft und horten dieses Geld. Aber sie versuchen, ihre Situation schlecht zu reden. Genau wie bei der AHV. Da musste selbst der Bund kürzlich zugeben, dass er die Situation um 4 Milliarden Franken zu schlecht dargestellt hat – pro Jahr.

Wir bezahlen also immer mehr ein und bekommen immer weniger zurück. Wohin fliesst denn das Geld? Zu den Banken, Versicherungen, Anlageberatungen und Pensionskassenmanagern, die das angesparte Geld für uns verwalten. Jedes Jahr kassieren sie über 6 Milliarden Franken. Alle sind sich einig: Das ist viel zu viel. Der norwegische Pensions-fonds verwaltet dieselbe Menge Geld mit zehnmal tieferen Verwaltungskosten.

Wird mit der Revision wenigstens dieser Geldabfluss gestoppt? Nein. Denn das Parlament hat es verpasst, Limiten zu setzen, wie viel Geld sich die Banken, Versicherer und Manager von unseren Renten maximal abzweigen dürfen. Es wird also weiterhin erlaubt sein, dass sich die Finanzindustrie aus unserer Rentenkasse bedient und einzelne Kassen richtiggehend aushöhlt. Wir kennen diese Fälle auch bei uns im Kanton Schwyz. Deshalb braucht es ein klares Nein zu diesem Renten-Beschiss.

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