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«Ich will dort arbeiten, wo ich Menschen helfen kann»

«Ich will dort arbeiten, wo ich Menschen helfen kann» «Ich will dort arbeiten, wo ich Menschen helfen kann»

Wer kennt sie nicht, die kleinen, weissen Autos der Spitex Region Einsiedeln Ybrig Alpthal. Redaktor René Hensler heftete sich an die Fersen von Fachfrau Gesundheit Alisha Reichmuth.

Nach der Begrüssung in den Räumen der Spitex Region Einsiedeln Ybrig Alpthal (REYA) im Einsiedler Gesundheitszentrum durch Geschäftsführer Dominik Marty gibt es eine Führung durch eben diese Räume. Auch werden einige Begriffe und die vorhandenen Angebote erklärt. Der Name «Spitex» ist vielen ein Begriff. Doch was versteckt sich hinter dieser Abkürzung? Google hilft auch hier weiter. Das Wort setzt sich aus der Definition von spitalexterner Hilfe und Pflege zusammen. Dies umschreibt die Kernaufgabe der Spitex. Wer beispielsweise nach einem Spitalaufenthalt Hilfe benötigt, wird so zu Hause unterstützt. Aber auch eine langfristige und dauerhafte Begleitung in den eigenen vier Wänden gehört zum Angebot. Die Unterstützung umfasst medizinische und pflegerische Leistungen, aber auch Hilfe im Haushalt.

Vier Grundangebote

Dennoch ist nicht nur Hilfe und Pflege im Angebot der Spitex REYA. Bei den hauswirtschaftlichen Aufgaben gilt es, die Personen im Haushalt zu unterstützen, welche selber oder ihr Umfeld nicht mehr in der Lage sind, das zu gewährleisten. Eine weitere Dienstleistung ist der Mahlzeitendienst. Das Regionalspital Einsiedeln und das Altersund Pflegeheim Ybrig bereiten für die Klientinnen und Klienten eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu. Dieser Dienst wird in Anspruch genommen, wenn Personen vorübergehend oder für längere Zeit ihre Mahlzeiten nicht mehr selber zubereiten können. Der vierte und doch eher unbekannte Assistenzdienst ist die ambulante psychiatrische Pflege. Dieser Dienst richtet sich an Menschen, die sich in sozialen Krisen befinden oder beispielsweise unter Depressionen, Ängsten, posttraumatischen Belastungsstörungen, Burn-out, Persönlichkeitsstörungen oder Suchterkrankungen leiden. Ergänzend zu diesen vier Hauptaufgaben betreibt die Spitex noch die Mütter- und Väterberatung. Inkludiert ist da auch die Erziehungsberatung. Ebenfalls am Geschäftssitz befindet sich ein Fusspflegeraum und ein Ambulatorium. Um all diese Aufgaben wahrzunehmen, sind 50 Personen bei der Spitex angestellt. Diese teilen sich 28 Vollzeitstellen. Die Frauenquote ist sehr hoch, sind doch «nur» drei Männer im Team.

Vormittagseinsatz Nach einem stärkenden Kaffee trifft die 20-jährige Alisha Reichmuth ein. Die Morgentour absolvierte sie noch ohne Begleitung. Ihr Arbeitstag startete bereits um 6.45 Uhr mit der morgendlichen Einsatzbesprechung. Die Ybrigerin erhielt als Einsatzgebiet ihren Wohnort zugeteilt. Ausgerüstet mit dem notwendigen Material und dem Geschäftshandy machte sie sich kurz nach 7 Uhr wieder auf den Weg in die Heimat. Das Handy ist ein wichtiges mobiles Arbeitsgerät, auf dem neben der Einsatzplanung auch alle Daten der Klientinnen und Klienten abgespeichert sind. Auch kann genau nachgelesen werden, welche pflegerischen Tätigkeiten anfallen und wie sie erledigt werden müssen. Und nach jedem Besuch wird alles in einer speziellen App akribisch festgehalten. Am Morgen standen eine Blutzuckermessung und die Abgabe von Insulin auf dem Programm. Im Weiteren legte sie einen Blasenkatheter und half einer Person aus dem Bett in den Rollstuhl. Das Mittagessen konnte sie dank ihrem Einsatzort zu Hause einnehmen.

Der Nachmittag Nach der Ankunft in Einsiedeln galt es, den aktuellen Einsatzplan vom Nachmittag zu studieren und wiederum das Material einzupacken. Bei der ersten Klientin lautete der erste Auftrag, den Blutdruck zu messen. Nota-bene nicht mit einem elektronischen Gerät sondern nach alter Schule mit Manschette und Stethoskop. Beim zweiten Arbeitsschritt wurde der Puls gemessen. Nach dem Duschen und anschliessenden Reinigen des Badezimmers ging es schon weiter. Der zweite Stopp war mitten im Dorf Einsiedeln. Es stand der Wechsel eines Stomas, einem künstlichen Darmausgang, an. Zuerst musste die Stomaplatte mittels Schere auf die richtige Grösse geschnitten werden. Beim nächsten Schritt wurde der «Kaugummi», eine Art Dichtungsring, um die Austrittsstelle angebracht. Auf diesen «Kaugummi » wird die Stomaplatte geklebt und gut angedrückt. Mit einem Klickmechanismus wird am Schluss der Beutel angebracht, welcher die Ausscheidungen auffängt.

Vorbereitungsarbeiten Nach diesem zweiten und letzten Hausbesuch ging es wieder zum Stützpunkt der Spitex REYA an die Spitalstrasse. Medikamente zu rüsten stand auf dem Programm. Einige Klientinnen und Klienten können ihre Medikamente nicht selber vorbereiten und werden so durch die Spitex unterstützt. Pro Tag gibt es eine Pillenschachtel. Jede Schachtel ist wiederum in vier Einheiten unterteilt. Eine für Morgen, Mittag, Abend und die Nacht. Bei dieser Arbeit gilt das Vier-Augen-Prinzip. Alisha Reichmuth rüstet die Pillen für die nächste Woche. Im Anschluss kontrollierte sie die Schachtel für die aktuelle Woche, welche von einer Mitarbeiterin gerüstet wurde. Nach dieser Arbeit neigte sich der Arbeitstag langsam dem Ende entgegen.

Klavier, Jodeln, Skifahren

«Ich wollte in einem Beruf arbeiten, wo ich Menschen helfen kann», antwortet Reichmuth auf die Frage, warum sie sich für den Beruf als Fachfrau Gesundheit (FaGe) entschieden hat. Am Anfang liebäugelte sie mit dem Beruf der medizinischen Praxisassistentin. Leider bekam sie aber die gewünschte Lehrstelle nicht. Worauf sie bei der Spitex REYA einen Schnupperlehre absolvierte. Und dieser Beruf gefiel ihr auf Anhieb. Zusammen mit der dreijährigen Lehre arbeitet sie nun bereits seit fünf Jahren bei der Spitex REYA. Neben den Hauptaufgaben in der Pflege begleitet sie die Lernenden zudem als Berufsbildnerin. Im nächsten Frühling beginnt sie die Ausbildung zur Pflegefachfrau HF bei der Spitex REYA.

In ihrer Freizeit nimmt die Musik einen grossen Teil in Anspruch. Neben Jodeln spielt sie auch Klavier. Zusammen mit ihren drei Geschwistern bildet sie das «Echo vom Paradiesli». Auch einem guten Fantasy-Buch ist sie nicht abgeneigt. Zu guter Letzt zählt sie als waschechte Ybrigerin auch das Skifahren zu ihren Hobbys. Besondere Herausforderungen

Auf die Frage, ob es dann auch immer wieder zu speziellen Arbeitssituationen komme, hatten alle anwesenden Mitarbeiterinnen auf einmal ein schmunzelndes Lächeln auf ihren Lippen. Die Klientinnen und Klienten sind in der ganzen Region Einsiedeln, Ybrig und Alpthal wohnhaft. Es kann also auch mal vorkommen, dass eine Tour eine Fahrt mit dem Auto auf eine Alp notwendig macht. Bei einer solchen Fahrt hatte Alisha Reichmuth es dann auch mit gehörnten Wachhunden zu tun. Als sie die Strasse den Hügel hinauffuhr, wollten eine Kuhherde partout nicht Platz machen. Sie kämpfte sich langsam und mühsam Meter um Meter vorwärts. Hupen erschreckte die Herde nicht, sie standen nach wie vor gelangweilt herum. Bei einer Kollegin zeigte einst das Navi den üblichen Weg zum Haus des Einsatzortes. Dummerweise merkte das Navi nicht, dass es Winter war. Im Sommer wäre der Weg ohne Probleme zu bewältigen. Im Winter jedoch führte eine Skipiste über die Strasse. Sowieso seien Anfahrten teilweise ein Abenteuer. Immer wieder gebe es Strassensperren und dann müssten sie sich neue Wege zu ihren Patienten suchen. Aber, die Spitex-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter fin-den immer einen Weg.


Für die kommende Woche werden alle notwendigen Medikamente einer zu betreuenden Person bereitgestellt.

Auch Büroarbeiten gehören dazu. Alle gemachten Arbeiten werden dokumentiert.

Alisha Reichmuth mit dem wohl wichtigsten Mitarbeiter der Spitex, dem «Einsatzfahrzeug». Fotos: René Hensler

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