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Rolf Dettling: «Mein Ziel ist, die eigenen Früchte zu veredeln»

Rolf Dettling: «Mein Ziel ist, die eigenen Früchte zu veredeln» Rolf Dettling: «Mein Ziel ist, die eigenen Früchte zu veredeln»

Rolf Dettling hat eine grosse Leidenschaft: Früchte aller Art, die er auf dem Hof seiner Familie in Egg züchtet – sogar Pfirsiche wachsen hier. Zusammen mit seinem Sohn macht er Cider und Glace daraus.

Wenn er zwischen seinen Obstbäumen spaziert, hört man immer wieder die Worte: «Wenn der nichts bringt, so bringt der andere etwas.» Oder: «Auch wenn er nur die halbe Ernte bringt, so ist es gut.» Eigentlich ist Rolf Dettling Bäcker- Konditor-Confiseur-Meister und unterrichtet an der Berufsschule in Goldau. Doch seit fünf Jahren hat ihn eine neue Leidenschaft gepackt: Früchte aller Art in naturnahem Anbau. So hat er innert Kürze den einjährigen Landwirtschaftsgrundkurs, sowie mehrere Kurse für Obstanbau absolviert und sich die nötigen Kenntnisse als Baumwärter verschafft. «Nicht ganz unschuldig waren sicher meine Cousins von der Ahornweid, die sich ebenfalls mit Obstanbau beschäftigen », begründet Dettling diesen Schritt. Eine wesentliche Grundlage hat aber auch der Hof und das dazugehörige Land in Egg aus der Familie seiner Frau. Ihre Familie kam in den Dreissigerjahren nach der Anlegung des Sihlsees nach Egg, kaufte das Grundstück und baute den Bauernhof um. Lange war der Hof verpachtet, bis er aus der Erbengemeinschaft herausgelöst und renoviert werden konnte.

Das Beste aus dem Klimawandel machen Wenn Dettling die Früchtesorten aufzählt, die er anbaut, kommt man aus dem Staunen nicht heraus: Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Mirabellen, Kirschen, Pfirsiche. Nicht nur, dass ein Teil davon normalerweise im Süden des Landes angesiedelt ist, aber auf der Höhe von Einsiedeln war Obstanbau bisher insgesamt kein Thema.

Rolf Dettling kennt die Antwort: «Natürlich ist das der Klimawandel », meint er. «Man muss einfach das Beste daraus machen.» Hinzu kommt, dass Egg laut Dettling ein besonderes Mikroklima hat, das sich für den Obstanbau eignet. «Wir ha-ben relativ viel aber kein hartes Sonnenlicht. Ausserdem sorgt die Mulde, in der Egg liegt, dafür, dass sich nachts genügend Feuchtigkeit sammelt.» Die «Entenbirne» – eine fast unbekannte Sorte Immer wieder hält Dettling inne und betrachtet mit stolzem Blick die Früchte an den Bäumen. Die meisten sind maximal dreijährig, jeder einzelne wird gehegt. Momentan verfügt der Hof über 12 Aaren Niederstamm-Bäume und rund 50 Hochstammbäume. «Alle rieten mir davon ab, weil die Früchte an Niederstammbäumen viel einfacher zu ernten sind.» Hinzu kommt, dass er von jeder Frucht mehrere Sorten angepflanzt hat – zum Beispiel die «Entenbirne». «Niemand kennt diese Sorte», meint er lachend.

Wenn immer möglich möchte er auf den Einsatz von Pestiziden (Pflanzenschutzmittel) verzichten. So schwimmt Dettling in fast jeder Hinsicht gegen den Strom. «Es ist mir bewusst, dass manche Früchte nicht so schön wachsen. Aber ich möchte nicht nur Tafelobst anbauen. Mein Ziel ist es, die eigenen Früchte zu veredeln.» Damit meint Dettling den Cider, den er gemeinsam mit seinem Sohn Nico, der Lebensmittelingenieur ist, auf dem Hof produziert.

Das Prinzip ist einfach. Als Grundlage dient vergorener Apfelsaft (Apfelwein), der später mit einem anderen süssen Fruchtsaft veredelt wird und ein ganz eigenes Aroma erhält. Das Getränk ist erfrischend und hat nur vier Prozent Alkohol. Im vergangenen Jahr wurden bereits zwischen 1500 und 1600 Liter produziert. Zusammen mit seinem Sohn tüftelt er ständig an neuen Rezepten und technischen Raffinessen herum. Parallel dazu produziert Dettling Früchte-Glace, die er während der warmen Monate in der Region verkauft.

Feldversuch mit seltenen Baumsorten

Die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), wo sein Sohn studiert hat, hat bereits Interesse gezeigt an der Obstanlage in Höhenlage. Insgesamt zehn Bäume wachsen im Rahmen eines Feldversuchs auf Dettlings Plantage. «Es sind vor allem alte einheimische Sorten, die fast nicht mehr angepflanzt werden », erklärt Dettling. Wachstum und Ertrag der jungen Bäume sind verschieden. Wie vielerorts in der Region rutscht auch hier der Hang gegen die Sihl hinunter, und zwar so stark, dass Dettling bereits die Grenzsteine des Grundstücks neu setzen musste. Das führt dazu, dass sich die Bodenbeschaffenheit alle paar Meter ändert. «Damit muss man leben», mein Dettling lakonisch.

Er versucht, sich mit der Natur zu verbünden. Er hat sein eigenes Bienenhaus, fördert Wildbienen, pflanzt Hecken, legt Biotope an und baut Pfosten für Raubvögel und Fledermauskästen. «Ich brauche gute Mauser. Lange haben wir auf den Turmfalken gewartet – jetzt ist er gekommen », meint Dettling zufrieden.

Dettling: Mehr Anreize, statt Zwang zur Biodiversität

Kurz: Dettling fördert nach Kräften die Biodiversität. Auf die Initiative angesprochen, gibt er sich unentschlossen. «Ich habe mich noch nicht entschieden. Einerseits bin ich voll und ganz für Biodiversität – ich bin ein richtiger Ideologe, und ich tue mehr als die Initiative verlangt. Andererseits finde ich, dass statt Zwangsmassnahmen mehr Anreize geschaffen werden sollten, um die Bauern freiwillig dazu zu bewegen.» Wie beim Landwirtschaftsgesetz sieht Dettling auch bei der Initiative die Gefahr einer bürokratischen Einengung, die gewisse Projekte eher behindere als fördere.

Foto: Eugen von Arb

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