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«Ich werde sicher auch abstimmen gehen!»

«Ich werde sicher auch abstimmen gehen!» «Ich werde sicher auch abstimmen gehen!»

Der Deutsche Peter Hertwig ist eine von sechs Personen, die sich am kommenden Montag, 16. September, an der Einsiedler Bezirksgemeinde einbürgern lassen möchten. Er gibt Auskunft über seine Beweggründe und den Ablauf einer Einbürgerung.

Im Jahr 2023 liessen sich 41’701 Personen in der Schweiz einbürgern, über 33’000 im ordentlichen Verfahren. Mit Abstand am meisten Gesuche ka-men in den vergangenen Jahren aus Deutschland (2023: 7678 Personen), gefolgt von Frankreich und Italien. Im Kanton Schwyz erlangten im vergangenen Jahr 496 Personen neu die Schweizer Staatsbürgerschaft. Peter Hertwig hofft darauf, diese am kommenden Montag ebenfalls zu erhalten – vorbehalten der Aufnahme ins Kantonsbürgerrecht.

An der Bezirksgemeinde vom kommenden Montag, 16. September, stellen Sie sich der Bevölkerung für die Aufnahme in das Bürgerrecht von Einsiedeln vor. Weshalb haben Sie sich dazu entschieden? Ich fühle mich hier zu Hause und möchte mich vollends hier integrieren und nicht nur einen Aufenthaltstitel haben. Ich wollte diesen Schritt eigentlich schon im Jahr 2014 machen, denn damals war ich bereits 10 Jahre in der Schweiz, was die Voraussetzung für eine Einbürgerung ist. Ich wohnte damals vorübergehend in Alpthal und ging dann auf die Bezirksverwaltung in Einsiedeln … Heute wüsste ich es, ich war natürlich am falschen Ort! Die Dame hat mich sehr harsch darauf hingewiesen, sodass mir die Lust auf die Einbürgerung verging. Aber ich habe immer davon gesprochen. An der Weihnachtsfeier von den HCE-Oldies, am 16. Dezember 2022, wurde ich mal wieder gefragt, wann ich es denn jetzt endlich machen würde. Und dann sagte ich: Ich machs! Und so nahm ich diesen Schritt dann in Angriff. Sind Sie nervös vor der Bezirksgemeinde?

Ja schon, ich muss mir auch noch überlegen, was ich dann zu den Anwesenden sage. Ich soll mich kurz vorstellen … Ist es ein so steiniger Weg, wie immer gesagt wird? Nicht unbedingt. Wenn man sich mit der Schweiz befasst und sie mag ist es nicht so schwierig. Wenn man sich etwas anstrengt, ist es schon zu schaffen. Aber es zieht sich halt schon alles etwas in die Länge … Dauert denn eine Einbürgerung so lange? Ja, ich bin nun schon seit gut eineinhalb Jahren daran! Im Februar 2023 ging ich zum Bezirk – nun arbeitete eine andere Frau dort, die sehr freundlich ist. Die für den Antrag notwendige Prüfung «Gesellschaft und Politik» konnte ich aber erst im September absolvieren. Und ein Jahr später stehe ich nun vor dem wichtigsten Termin. Was braucht es überhaupt alles, damit man sich einbürgern lassen kann? Wie gesagt braucht es die bestandene Prüfung «Gesellschaft und Politik». Ich habe dazu einen Kurs beim BBZP Rektor Roland Jost besucht, der uns auf die Prüfung vorbereitete. Er meinte nach dem Kurs, dass wir nun vermutlich mehr wüssten als mancher Schweizer. Ich erreichte dabei 47,5 von 52 möglichen Punk-ten. Danach habe ich den Einbürgerungs- Antrag mit vielen weiteren Unterlagen eingereicht, unter anderem auch drei Referenzen. Die Sprache ist bei mir als Deutscher zum Glück gar kein Thema und daher musste ich auch keine Prüfung ablegen. Nach der Prüfung der Unterlagen musste ich bei der Einbürgerungskommission des Bezirks Einsiedeln vorstellig werden. Vor diesem Termin hatte ich etwas Bauchweh, aber auch diese rund 60 Fragen konnte ich problemlos beantworten. Und nun kommt mein Antrag vor die Bezirksgemeinde. Mit allen Papieren, Kursen und der Prüfung kostet mich die Einbürgerung am Schluss fast 5000 Franken. Aber das ist mir egal, das wusste ich ja! Werden Sie vom doppelten Bürgerrecht Gebrauch machen und Ihre Deutsche Staatsbürgerschaft behalten? Ja, ich mach das. Wenn ich ihn aber hätte abgeben müssen, hätte ich den Deutschen Pass abgegeben. Wie haben Sie die Arbeit der Behörden während des Einbürgerungsverfahrens erlebt?

Ich war sehr zufrieden, wurde bei Fragen gut beraten. Alles in allem war es sehr angenehm. Jede Gemeinde in der Schweiz kann eigene Regeln für die Einbürgerung aufstellen, solange diese im Rahmen des kantonalen Rechts und des Bundesrechts bleiben. Zum Beispiel gibt es Unterschiede bei der Dauer des dauerhaften Wohnsitzes in der entsprechenden Gemeinde. Gibt es in Einsiedeln auch spezielle Regelungen?

Das weiss ich leider nicht, da ich mich ja nur hier in Einsiedeln einbürgern lassen möchte. Welche neuen Pflichten und Rechte bringt eine Einbürgerung mit sich?

Bis jetzt hatte ich ja dieselbe Pflichten, wie beispielsweise Steuern zahlen, aber nicht dieselben Rechte, denn Wählen und Abstimmen darf ich ja noch nicht. Aber das ändert sich dann mit der Einbürgerung. Ich werde sicher auch abstimmen gehen – das ist in einer Demokratie dein Recht, aber irgendwie auch deine Pflicht. Ich möchte mich politisch engagieren, aber nicht in einem Amt. Für die Militärpflicht bin ich schon zu alt, die muss ich nicht mehr machen. Sonst ändert sich eigentlich nichts. Ah, ausser vielleicht meinen Spitznamen! Ich bin ja der «Tschörmeni ». Mal schauen, ob ich nach der Einbürgerung einen neuen Spitznamen erhalte … Weshalb kamen Sie 2004 nach Einsiedeln? Ich lebte in Meissen, Ostdeutschland, mit meiner Frau und den Kindern. Wir haben ein Haus gebaut und dann ging die Beziehung leider in die Brüche. Ich lernte eine Frau kennen, die in die Schweiz gehen wollte, denn mit der Arbeitssituation war es damals schwierig im Osten. Ich ging mit, da ich ja nichts zu verlieren hatte. Wir landeten dann für einen Monat im Hotel Bären in Einsiedeln. Ich arbeitete zu Beginn temporär und fand dann ein Jahr später eine Festanstellung, die mir zusagte.

Und was hielt Sie hier im Klosterdorf?

Die Kollegen, das Dorf selber – ich finde das sehr schön und fühle mich hier sehr wohl. Einsiedeln ist meine zweite Heimat geworden!

Sind Sie oft in Ihrer alten Heimat?

Zurzeit ja, denn ich besuche alle fünf bis sechs Wochen meine 89-jährige Mutter, die im Pflegeheim ist. Es kann leider immer der letzte Besuch sein. Manchmal besuche ich auch meinen Vater, meine Kinder oder Grosskinder, aber diese besuchen mich auch oft hier in der Schweiz. Was zeigen Sie Gästen aus Ihrer alten Heimat in Einsiedeln als Erstes? Ich war gerade kürzlich mit deutschen Kollegen beim Welt-theater, ich musste zwar etwas übersetzen, aber es hat ihnen auch so gefallen. Und natürlich gehört der Besuch des Klosters immer dazu, das ist ein faszinierendes altes Barock-Gebäude. Einige Freunde besuchen mich auch zum Skifahren. Oder mit meinen Kindern habe ich am 1. August schon einmal einen Brunch auf einem Bauernhof gegessen. Haben Sie die Einsiedler als offenes Volk kennengelernt? Als ich hierher kam, meinte einer zu mir, ich müsse mich halt integrieren. Irgendwie kam ich dann ins Handball, obwohl ich das vorher nie gemacht hatte – ich war Ringer. Gespielt habe ich eher selten, aber ich half wo man mich brauchte, an der Chilbi oder auch sonst. Ich habe zum Beispiel die VIP-Lounge bei den Handball-Spielen betreut. Durchs Handball lernte ich viele Leute kennen. Mir wurde schon gesagt, dass ich eine ähnliche Mentalität wie die Einsiedler habe. Noch heute gehe ich mit den Handball-Senioren am Freitag ins Training mit anschliessendem Feierabendbier.

Fühlen Sie sich integriert?

Ja, und wenn ich dann den Schweizer Pass habe, dann bin ich vollkommen integriert!

Was aus Deutschland vermis-sen Sie hier in der Schweiz? Mal eine deutsche Wurst, die sind in der Schweiz schon etwas anders. Und das Weinfest Meis-sen, zu welchem ich schon einige Einsiedler mitgenommen habe – ich glaube, ich muss einmal wieder eine Reise organisieren … Was schätzen Sie an Ihrer neuen Heimat? Die Freiheit, die man hier genies-sen kann. Und ich schätze die direkte Demokratie, nicht wie in Deutschland, wo dann doch die Politiker über die Köpfe hinweg entscheiden. Und natürlich die Berge, die Natur und die Menschen – es ist alles schön!

Foto: Angela Suter

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