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«Kirchenspaltung ist schon längst im Gange»

«Kirchenspaltung ist schon längst im Gange» «Kirchenspaltung ist schon längst im Gange»

Der langjährige «Pfarreiblatt»-Redaktor Eugen Koller schaut zurück und übt Kritik.

Er ist bekannt für ein offenes Wort und für sehr viel Engagement. Darum schaut der Theologe, Lehrer und Journalist Eugen Koller jetzt auch kritisch auf seine Arbeit und die Umstände in der katholischen Kirche zurück.Koller war zuerst als Lehrer tätig, dann als Journalist und hat danach auf dem dritten Bildungsweg schliesslich Theologie studiert. Anschliessend war er in mehreren Kirchgemeinden als Pastoralassistent tätig, zuletzt zwölf Jahre in Buochs. Priester wollte er nie werden. «Das war sonnenklar, ich wollte eine Familie und Kinder haben.» Er habe auch immer wieder erlebt, wie Priester unter dem Zölibat gelitten, es umgangen oder es sublimiert haben, etwa durch Suchtverhalten oder Arbeitswut bis zum Burnout.

Schwyz ist ein «absolutes Unikum» Dann hat Koller 2001 die Redaktion des neu konzipierten «Pfarreiblatts Uri/Schwyz» übernommen und es im vergangenen Vierteljahrhundert zu einem ausgezeichneten Informationsorgan gemacht. Die «Geburt» sei aller-dings schwierig gewesen. Eigentlich habe die Dekanen-Konferenz der Urschweiz beschlossen, ein gemeinsames Pfarrblatt für alle vier Kantone herauszugeben. Es war als Chance für die Pfarreien gedacht. Das sei bis heute nicht möglich geworden. Obwalden und Nidwalden gehen eigene Wege, im Kanton Schwyz etwa die Hälfte der Pfarreien auch. Aber immerhin erscheint das «Pfarreiblatt» nun 22 Mal im Jahr, in sechs regionalen Ausgaben und mit einer Auflage von rund 15’400 Exemplaren.

Genau dort sieht Eugen Koller noch viel Potenzial. Denn in Sachen Verteilung sei die Urschweiz landesweit ein «absolutes Unikum». Überall sonst werde ein Pfarreiblatt den Kirchenmitgliedern auf Wunsch gratis zugestellt, also über die Kirchensteuern finanziert. Auch in Uri. In Schwyz aber muss derjenige, der das «Pfarreiblatt» erhalten will, neben der Kirchensteuer immer noch eine Abonnementsgebühr bezahlen. Er verstehe das nicht, betont Koller, weil die Kirchgemeinden angesichts des Mitgliederschwunds erst recht interessiert sein müssten, breit informieren zu können. «Man ist sich offenbar der Wichtigkeit der Öffentlichkeitsarbeit nicht bewusst. Diese Sturheit kann ich nicht begreifen», so Koller.

Als Redaktor des «Pfarreiblatts » habe er grosse Autonomie geniessen dürfen. Er habe seine Meinung nie gross zurückhalten müssen, sich aber immer an das Statut und Konzept gehalten. Brisant war vor allem einmal ein Beitrag zum 70. Geburtstag von Bischof Vitus Huonder. Das habe Kritik aus Chur gehagelt, im Gegensatz dazu aber auch sehr viel Anerkennung gebracht, dass endlich jemand etwas sage. Beeinflussungsversuche seien immer wieder vorgekommen. Die Redaktionskommission habe ihm aber mit viel Rückendeckung geholfen, den Kurs einzuhalten.

Nach seiner Arbeit in den Pfarreien und neben dem Teilzeitjob fürs «Pfarreiblatt» hat sich Eugen Koller auf die Spezialseelsorge konzentriert. In Gefängnissen, in der Psychiatrie, in Behindertenzentren und jetzt seit zwei Jahren im Spital Schwyz. Der pensionierte Eugen Koller hat jetzt wieder mehr Zeit, seine vielen Interessen zu pflegen. Er singt in einem Chor, spielt Volleyball, ist im Kanuclub, dann gehören Schach, Skifahren, Lesen und Velofahren zu seiner Freizeit. «Und neu lerne ich Oboe spielen.» Das «Pfarreiblatt» hat nun seinen Wechsel in der Redaktion hinter sich. Im Frühling hat Klaus Gasperi sich eingearbeitet, ein Germanist, Theologe und Philosoph. Zwei Tage in der Woche ist er auf der Redaktion in Brunnen und arbeitet am Mantelteil für das «Pfarreiblatt». «Habe mir auch einen Austritt überlegt» Wird die katholische Kirche überleben? Der kritische Koller: «Davon bin ich absolut überzeugt.» Aber er habe Angst, dass noch mehr Leute die Kirche verlassen, weil diese starr, dogmatisch, verstaubt, unbeweglich und in Sachen Sexualmoral verklemmt sei. «Es gehen so viele», bedauerte Koller, was dazu führe, dass nur noch die Konservativen in der Kirche bleiben. Die Spaltung in diesem Sinne sei schon längst vollzogen und im Gange. «Ich habe mir auch schon einen Austritt überlegt», bestätigt Koller, sei dann aber geblieben, weil ihn der Glaube trage. Und die Hoffnung.

Vor allem von der Bischofskonferenz wünscht er sich viel mehr Mut, um die heutige katholische Kirche der Lebenswirklichkeit anzupassen, ohne ihre fundamentalen Grundwerte zu verleugnen. Mit Anpassungen gemeint sind das Zölibat, die Rolle der Frauen in der Kirche, die Sprache. Es sei ein Fehler, an einer Weltkirche festzuhalten, wenn doch kontinental oder so-gar regional ganz andere Voraussetzungen seien.

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