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Victorinox wehrt sich nach Abzocke-Kritik im «K-Tipp»

Victorinox wehrt sich nach Abzocke-Kritik im «K-Tipp» Victorinox wehrt sich nach Abzocke-Kritik im «K-Tipp»

Ein «K-Tipp»-Artikel kritisiert das Schwyzer Traditionsunternehmen wegen einer zu hohen Gewinnmarge bei einer Tasche. Carl Elsener, CEO der Victorinox, nimmt Stellung.

«Reisegepäck von Victorinox: Günstig importiert, teuer verkauft », so lautet der Titel eines Artikels im Magazin «K-Tipp », welches am 16. Oktober erschienen ist. Victorinox wurde in der Schweiz mehrfach als beste Arbeitgeberin ausgezeichnet, und auch ausserhalb der Schweizer Landesgrenzen werden die Produkte von Victorinox geschätzt. Suspekt nun, dass das Familienunternehmen auf einmal eine solch messerscharfe Schlagzeile kassiert.

Aufhänger des «K-Tipp»-Artikels ist vorwiegend, dass Victorinox ihre Reisetasche «Crosslight Duffel» zu einem Einkaufspreis von 25,91 Franken in Vietnam kauft und zu einem Verkaufspreis von 195 Franken in der Schweiz verkauft. Auch im Ausland wird das Reisegepäck in einer ähnlichen Preisklasse verkauft. Basierend auf dieser Information zieht «K-Tipp» die Schlussfolgerung: Victorinox schlägt für sich eine höhere Gewinnmarge aus ihren Verkäufen als die Konkurrenz. Carl Elsener relativiert, dass es sich hierbei lediglich um die Bruttogewinnmarge handle, welche nur wenig über den letztlich erzielten Gewinn aussage. In der genannten Bruttogewinnmarge seien noch keine Kosten der übrigen Organisation berücksichtigt worden.

In der Reisegepäckkategorie wird bei Victorinox ein ho-her Wertschöpfungsanteil in der Schweiz generiert. «Allein für Design, Engineering und Entwicklung beschäftigen wir in Ibach 16 Mitarbeitende. Dazu kommen vom Volumen her hohe Kosten für Lager und Distribution. Für das neue Distributionszentrum in Seewen haben wir rund 50 Millionen Franken in der Gemeinde Schwyz investiert. Auch für weitere Aufgaben wie Qualitätsmanagement, Kundenservice, Verkauf und Marketing fallen beträchtliche Kosten, insbesondere Lohnkosten, in der Schweiz an.» «Erst nach Einbezug aller Kosten kann der Gewinn ausgewiesen werden. Dem ‹K-Tipp› sind weder unsere Kostenstrukturen noch Margen bekannt», stellt Carl Elsener klar. «Wir arbeiten mit vergleichbaren Bruttogewinnmargen wie unsere Mitbewerber, die jedoch ohne den ho-hen Kostenanteil in der Schweiz kalkulieren können.» Konkurrenz und enge Zusammenarbeit Zur Herstellung des eigenen Reisegepäcks arbeitet Victorinox mit führenden Herstellern in Asien unter strenger Aufsicht der Victorinox-Qualitätsteams zusammen. «Auch die Arbeitsbedingungen überwachen wir mit regelmässigen Audits. Zudem stellen wir sicher, dass unsere Lieferanten Löhne zahlen, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen», erzählt Carl Elsener.

Das dreistufige Distributionsmodell der Victorinox verursache weitere Kosten. Von Victorinox in Ibach gehen die Produkte zu den Länderpartnern und Distributoren, von dort aus geht es weiter zu den Retailern, bevor die Ware beim Endkunden landet. Die grösste Marge benötigen dabei die Retailgeschäfte, da sie damit die erheblichen Miet- und Personalkosten decken müssen.

Ein weiterer grosser Vorwurf des «K-Tipp» ist, dass Victorinox mit dem Schweizerkreuz die Herkunft der Ware verschleiern würde. Victorinox verwendet bereits seit 115 Jahren unverändert das Schild mit Kreuz als Logo und Zeichen der Wiedererkennung. Auch auf dem Reisegepäck wird dieses so verwendet, jedoch gesetzeskonform nicht in den Schweizer Landesfarben.

«Made in Vietnam» Victorinox stellt laut «K-Tipp» die eigene Schweizer Präsenz in den Vordergrund und die Angabe «Made in Vietnam» fände man nur im Kleingedruckten. Carl Elsener räumt ein, hier müsse die Victorinox in Zukunft noch transparenter werden. «Wir weisen heute das Produktionsland auf unserem Reisegepäck aus, das heisst sowohl am Produkt als auch auf der Anhängeretikette. Auf unserer Website kommunizieren wir, dass Design und Entwicklung in der Schweiz stattfinden. » Victorinox erzielt über 90 Prozent des Umsatzes in der Schweiz mit Produkten, die in der Schweiz produziert werden, dazu gehören die Taschenmesser, Küchen- und Berufsmesser sowie die Uhren. Victorinox beschäftigt in der Schweiz dafür rund 1250 Mitarbeitende. Nur gerade 7,4 Prozent vom Gesamtumsatz in der Schweiz erzielt das Familienunternehmen mit der Gepäckkollektion. Das Victorinox-Reisegepäck ist die einzige Produktkategorie, die aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht in der Schweiz, sondern von Beginn an im Ausland produziert wurde. «Es ging uns dabei nie um eine Gewinnmaximierung. Es war schlichtweg der einzige Weg, Qualitätsprodukte zu konkurrenzfähigen Preisen anzubieten », erklärt Carl Elsener.

Wie solche Schlagzeilen intern gehandhabt werden

«Grundsätzlich freut sich niemand über negative Schlagzeilen », gesteht Carl Elsener. Vor allem, wenn Fakten in einem unvollständigen Kontext wiedergegeben werden. «In einem solchen Fall ist es uns ein Anliegen, unsere Mitarbeitenden möglichst rasch und transparent zu informieren.

Wir stehen vollumfänglich hinter unserer strategischen Geschäftstätigkeit und leisten damit als familiengeführtes Unternehmen seit 140 Jahren einen Beitrag an den Wirtschaftsstandort Schweiz.»

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