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Von Klöstern, Missionen, Söldnern und Kriminellen

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Historischer Verein des Kantons Schwyz – Bericht zu den Mitteilungen 2024 (Heft 116)

Was haben ein barocker Architekt, französische Emigranten und ein Kriminalfall aus Wollerau gemeinsam? Sie alle finden ihren Platz in den neuen «Mitteilungen» des Historischen Vereins des Kantons Schwyz.

HVS. Dem Planer des Klosters Einsiedeln, Caspar Moosbrugger (1656–1723), wurde schon vieles nachgesagt. Sein Zeitgenosse und Vorgesetzter Abt Maurus von Roll bezeichnete ihn einmal sichtlich enerviert als «Architektenmaul». Weitaus überschwänglicher lautete rund 200 Jahre später das Urteil des Kunsthistorikers Linus Birchler, der Moosbrugger als genialen Architekten mehr oder weniger heiligsprach.

Doch in den 50er-Jahren schwang das Pendel wieder in die andere Richtung: Plötzlich hiess es, Moosbrugger sei ungebildet gewesen und habe das Stadium eines Dilettanten nie überwunden. Heinz Horat ordnet nun in den soeben erschienenen 116. Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz Moosbruggers 40-jähriges architektonisches Wirken zwischen «Himmel und Hölle» neu ein. Entstanden ist ein umfangreich bebilderter Beitrag, in dem auch die zahlreichen Entwürfe zur Neugestaltung des Klosters Einsiedeln abgedruckt sind.

Horats Artikel basiert auf einem Vortrag, der am 26. August 2023 im Rahmen von Moosbruggers 300. Todestag in Einsiedeln gehalten wurde. Auf einem Beitrag an derselben Veranstaltung basiert der Artikel von Georges Descoeudres. Der emeritierte Professor für Kunstgeschichte und Archäologie des Mittelalters erläutert darin die Baugeschichte des Klosters Einsiedeln in der Zeit vor Moosbrugger und zeigt, wie Einsiedeln als spirituelles und architektonisches Zentrum wuchs. Listen, Protokolle und Verhöre

Neben diesem Schwerpunkt auf dem Kloster Einsiedeln bieten die «Mitteilungen» auch dieses Jahr wieder spannende Einblicke in die Geschichten aus den verschiedenen Winkeln des Kantons. Den Auftakt bilden vier kürzere Beiträge. Martina Kälin stellt eine Liste von zumeist adligen französischen Emigranten vor, die in den 1790er-Jahren in Bellinzona Zuflucht vor den Wirren der Französischen Revolution suchten. Da das Tessin damals von «fremden» Vögten aus Uri, Schwyz und Nidwalden regiert wurde, musste sich auch die Schwyzer Obrigkeit mit diesem Geschäft befassen.

Ralph Ruch und Philipp Krauer berichten, wie das Staatsarchiv Schwyz mittels künstlicher Intelligenz die handgeschriebenen Regierungsratsprotokolle von 1848 bis 1919 transkribieren liess. Die Protokolle sind nun auf einer eigenen Website online zugänglich und können dank einer Volltextsuche nach beliebigen Stichworten durchstöbert werden.

Wiederum um eine Liste geht es im Beitrag des Redaktors Philipp Krauer. Basierend auf seiner im Frühjahr 2024 erschienenen Dissertation über Schweizer Söldner in der Niederländischen Kolonialarmee führt er die Namen von 49 Schwyzern auf, die zwischen 1858 und 1900 im Gebiet des heutigen Indonesiens dienten. Ihre Schicksale eröffnen einen weniger bekannten Teil der Schwyzer Geschichte und bieten Einblicke in das Leben von Söldnern in einem globalen Kontext.

Alessia Portmann wertete in ihrem Beitrag ein Verhörprotokoll des letzten Hexenprozesses im Kanton Schwyz aus. Der Artikel zeigt, wie falsche Anschuldigungen das Leben der Angeklagten Rosa Locher zerstörten und wie tief die Angst vor Hexerei in der damaligen Zeit verwurzelt war. Ausserdem liefert Portmann ein Transkript des Verhörprotokolles mit, das sie im Rahmen ihrer Maturitätsarbeit erstellt hat. Priester, Missionare und Lehrer

Ebenfalls auf einer Maturitätsarbeit basiert der Beitrag von Jonathan Fedier. Darin geht er der Frage nach, wie aus dem kirchlich geführten Kollegium Maria Hilf in Schwyz eine moderne Kantonsschule wurde. Anhand von zahlreichen Quellen und mehreren Oral-History-Interviews illustriert er eindrücklich, wie sich sowohl die institutionellen Strukturen als auch die pädagogischen Ansätze im Laufe der Jahrzehnte verändert haben.

Das Missionswesen des 20. Jahrhunderts wird im Artikel der beiden Doktorandinnen Barbara Miller und Simone Rees von zwei Seiten beleuchtet: Einerseits die Wunschvorstellungen, die viele junge Menschen mit dem «Beruf» des Missionars verbanden, und andererseits die harte Realität, die sie in der Fremde oft erwartete.

Der Beitrag zeichnet eindrücklich nach, wie die Schweizerische Bethlehem-Mission Immensee ihre Missionare auf ein Leben in aussereuropäischen Ländern vorbereitete und wie sich diese oft mit kulturellen und praktischen Problemen konfrontiert sahen, die weit von ihren Idealvorstellungen abwichen. Eine aufschlussreiche Analyse des Wandels der Missionarstätigkeit über die Jahrzehnte hinweg.

Die Bluttat von Wollerau

Im Jahr 1849 wurde im Gasthaus «zur Krone» in Wollerau ein Gast ermordet. Der Kriminalfall stellte die noch junge Justiz des Kantons Schwyz vor erhebliche Herausforderungen. Franz Gut rekonstruiert den Mordfall in all seinen Facetten: von den Ermittlungen über die Flucht des Angeklagten und den Prozess bis hin zu den Urteilen. Dabei illustriert er, wie schwer es für die Schwyzer Behörden in den Anfangszeiten des modernen Bundesstaates war, mit Kriminalfällen umzugehen.

Die Pflege von historischen Baudenkmälern ist eine stetige Herausforderung, besonders in einem Kanton mit so reicher Geschichte wie Schwyz. Der Artikel von Monika Twerenbold und Géraldine Burger beleuchtet deshalb die jüngsten Projekte der Denkmalpflege und demonstriert, wie alte Bausubstanz bewahrt und in eine moderne Nutzung integriert wird. Das Miteinander von Denkmalpflege und Bauherrschaft wird beispielsweise am Umbau des Hauses an der Hengstackerstrasse 100 in Wangen oder des Schindlerhofs in Gross aufgezeigt. Den Abschluss des Bandes bildet wie üblich die Bibliographie 2021 des Kantons Schwyz.

Am 6. November, um 17 Uhr, findet in der Kantonsschule Kollegium Schwyz (Zimmer 317) eine Vernissage statt, bei der die Autorinnen und Autoren ihre Beiträge kurz vorstellen und Fragen aus dem Publikum beantworten. Es ist keine Anmeldung erforderlich.

Foto: Swissair Photo


Ausführungsplan: Der letzte erhaltene Plan von Caspar Moosbrugger zeigt im Jahr 1717 den halben Grundriss und den Längsschnitt der projektierten Klosterkirche Einsiedeln. Foto: zvg

Der Brand in Einsiedeln: Im Jahr 1509 beschädigte ein Brand das Kloster Einsiedeln (Ausschnitt aus einer Darstellung in Diebold Schillings Schweizer Chronik aus dem Jahr 1513). Foto: Korporation Luzern

Das Kollegium Maria Hilf wenige Jahre vor der Übernahme durch den Kanton Schwyz.

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