Rothenthurmer Moorlandschaft: Regenerierung ist in vollem Gang
Schutz allein genügt nicht: Bastien Amez-Droz erläutert die aufwendigen Regenerierungsmassnahmen im Rothenthurmer Moorgebiet.
Die Moorlandschaft im äusseren Bann und Wolfschachen bei Rothenthurm soll vor dem Austrocknen bewahrt werden und wird unter der Federführung von Pro Natura regeneriert.
Schweizweit ist Rothenthurm vielen ein Begriff wegen des Waffenplatzes, der 1987 durch die Annahme der Volksinitiative bachab geschickt wurde – aber auch wegen des Moorschutzes, der damals in der Verfassung verankert wurde. Doch die wenigsten wissen, dass die einzigartige Moorlandschaft trotz gesetzlichem Schutz am Verschwinden ist und ohne Massnahmen einfach vertrocknen würde.
Darum ist der Verein Pro Natura seit einiger Zeit daran, der Moorlandschaft im äusseren Bann und Wolfschachen neues Leben einzuhauchen. An einer Medien-Begehung orientierten die Verantwortlichen Bastien Amez-Droz von Pro Natura, Fabian Peter von AquaPlus, sowie Urs Arnold von der Genossame Dorf-Binzen über das Ziel und den Verlauf der Regenerierungsarbeiten.
Noch ein Prozent der Schweizer Moore intakt In seiner Einführung gab Bastien Amez-Droz einen historischen Überblick und die aktuelle Situation der Schweizer Moorgebiete und im Speziellen das Gebiet Rothenthurm. Er mach-te darauf aufmerksam, dass die Schweiz zwar das beste Moorschutzgesetz besitzt, aber nur etwa ein Prozent der ursprünglichen Moorfläche noch als intakt bezeichnet werden kann. Weitere neun Prozent sind noch annähernd intakt, während der Rest am Verschwinden ist.
Anhand eines Abstichs demonstrierte Amez-Droz die Vertrocknung des Torfbodens an der Oberfläche durch mangelnde Bewässerung. Der Moorboden sei wie ein Schwamm, der auf einer Fläche von einer Hektare Millionen Liter Wasser speichern könne, erklärte er. Doch dort, wo die Oberfläche nicht von der Luft abgeschlossen sei, beginne der Zersetzungsprozess, wodurch der Torfboden erodiere und grosse Mengen von CO2 freisetze.
Torf Jahrhunderte lang als Heizmaterial abgebaut Laut dem Pro-Natura-Vertreter betrug die Dicke des Moorbodens zirka sieben Meter, der während 8000 bis 9000 Jahren entstanden ist. «Heute wird nirgends mehr als eine Dicke von 2,5 Metern gemessen. Es kann sich nicht von alleine regenerieren », erklärte er. Der Grund für den Abbau liegt an den alten Drainage-Systemen, die vor mehr als einem Jahrhundert zur Gewinnung von Kulturland und zum Abbau von Torf als Heizmittel angelegt wurden. Noch heute sorgen die Torfstichkanten und Gräben dafür, dass ein grosser Teil der Niederschläge rasch abfliesst. Mit dem Regenerierungsprogramm soll nun der Wasserverlust gestoppt oder verringert werden.
Dies geschieht durch das Versenken von langen Barrieren aus Fichtenholz aus einheimischer Produktion, welche das Wasser in den künstlich angelegten Rinnen und Gräben am Abfliessen hindert. Die Auswirkungen seien erstaunlich, so Amez-Droz. Bereits nach einem Jahr bildeten sich in den regenerierten Abschnitten Teiche und die Vegetation beginne sich zu erholen. Das sei unter anderem an der Rückkehr der seltenen Libellen zu beobachten.
Bisher sind Barrieren in der Gesamtlänge von rund 600 bis 700 Laufmetern versenkt worden. Wie Fabian Peter von Aqua-Plus berichtet, haben die unterirdischen Barrieren spürbare Auswirkungen auf das Grundwasser der Region, dessen Spiegel viel weniger starken Schwankungen ausgesetzt sei. Somit ist Moorschutz bis zu einem gewissen Grad auch Hochwasserschutz.
Dennoch ist die Regeneration von Moorlandschaften eine sehr langwierige Angelegenheit. Pro Jahr kann sich zirka ein Milimeter Torf bilden – und das nur unter den richtigen Bedingungen. Zu den wichtigsten gehört eine Bewässerung des Bodens bis an die Oberfläche. Nur ein kompletter Abschluss des Bodens von der Luft verhindert den natürlichen Zersetzungsprozess und damit die Freisetzung grosser Mengen CO2. Unverständnis bei manchen in der Bevölkerung Dies ist einer der Hauptgründe für die Regeneration – Moore speichern nicht nur Wasser, sondern binden auch grosse Mengen an CO2. Der zweite Grund ist die Artenvielfalt, deren Bewahrung eines der Hauptanliegen des Vereins Pro Natura ist. Das Regenerierungsprogramm, das voraussichtlich noch bis im Herbst 2026 dauert, umfasst auch die Wiederherstellung von «Prügelwegen » auf dem weichen Boden für die Landwirtschaft, die durch eine schonende Bewirtschaftung einen wertvollen Beitrag leistet. Doch so gut das Programm auch gemeint ist, es sorgt doch bei vielen in der Bevölkerung für Kopfschütteln oder gar Empörung, die mit teilweise fragwürdigen Beiträgen in den sozialen Netzwerken geäussert werden. Dagegen nützen auch die Pro-Natura-Informationstafeln am Wegrand nichts.
Manche Bauern oder Anwohner verstünden nicht, dass mitten im Naturschutzgebiet plötzlich Bagger auftauchten, erklärt Urs Arnold von der Genossame Dorf-Binzen. Sie meinten, ihnen sei nichts erlaubt, während der Bund und Pro Natura sich alles erlauben könnten. Sie verstünden nicht, dass für die Regenerierung Eingriffe notwendig seien.
Landgewinnung für Bauern in den Dreissigerjahren Das Unverständnis für die künstliche Anlegung von Mooren hat auch mit der Geschichte der Region Rothenthurms zu tun. So zogen in den Dreissigerjahren nach der Anlegung des Sihlsee-Stausees zahlreiche Bauern hierher um. Um ihnen Land zur verschaffen, legte man Moorland trocken –und nun geschieht genau das Umgekehrte.
Das Amt für Wald und Natur des Kantons Schwyz und Pro Natura veranstalten am Samstag, 2. November, um 13.30 Uhr, einen Moorspaziergang. Treffpunkt ist am Anfang des Prügelwegs beim Bahnübergang. Parkplätze werden vor Ort zugewiesen. Gummistiefel oder Wanderschuhe werden empfohlen.