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Drei Männer sollen Firmengeheimnis verraten haben

Die Schwyzer Staatsanwaltschaft hat wegen der Verletzung des Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisses in mehreren Fällen Anklage erhoben. Ein Privatkläger fordert Schadenersatz. Die Beschuldigten wehren sich und fordern einen Freispruch.

MARTIN RISCH

Als Beobachter den Durchblick zu wahren während einer Gerichtsverhandlung ist nicht immer einfach. Im Fall beziehungsweise den Fällen, die in der vergangenen Woche vor den Schranken des Bezirksgerichts March verhandelt wurden, war es herausfordernd. Gleich drei Verhandlungstage waren angesetzt und einer kurzfristig wieder abgesagt worden, weil ein Privatkläger sich noch zurückgezogen hatte. Für Durchblick sorgten vor allem die Plädoyers der Verteidigung, weil gleich drei Mal plädiert werden musste, da drei Männer angeklagt worden sind. Ihnen wird vom Schwyzer Staatsanwalt vorgeworfen, sie hätten eine bestimmte Glasschleifmethode benutzt und damit den angeblichen Begründer der Methode geschädigt, weil sie ihm massiv Kunden abgeworben hätten. Der Vorwurf lautet: Verletzung des Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisses und in einem Anklagefall auch des unlauteren Wettbewerbs.

Erfolgreiche Firmengründung

Die Geschichte nimmt bereits im Jahr 2015 ihren entscheidenden Lauf: Damals kündigte ein junger Mann in einer Firma, die in der Glasschleiftechnik tätig ist, und machte sich im gleichen Geschäftsfeld selbstständig. Nennen wir ihn Glasschleifer A.

Nach einer gewissen Anfangszeit, in der A. und einer seiner Mitarbeiter die Methode gemäss eigenen Aussagen verfeinerte, stellt A. weitere Techniker an, nennen wir sie Glasschleifer B. und C.

Diese beiden kamen von einer anderen Firma aus demselben Metier. Diesen Firmenbesitzer nenen wir D. Die neue Firma von A. florierte und steigerte ihren Umsatz kontinuierlich.

Glasschleifer D. sah sich einem unlauteren Wettbewerb ausgesetzt, weil nach seiner Ansicht die neue Firma genau die gleiche Schleiftechnik anwendet.

D. sieht sich betrogen: Er zeigte seine ehemaligen Mitarbeitenden B. und C. und den Firmengründer A. im Jahr 2016 bei der Schwyzer Staatsanwaltschaft an, weil sie sein Geschäftsgeheimnis verraten und zudem die beiden Ex-Mitarbeitenden das dreijährige Konkurrenzverbot missachtet hätten. Lange Verfahrensdauer beklagt

Die Schwyzer Staatsanwaltschaft nimmt sich nach der Anzeige des Falls an, führt sogar eine Hausdurchsuchung bei A. durch, bei der sie angebliche Beweisdokumente beschlagnahmt.

Es kommt zu Einvernahmen, wobei die Verteidigung von B. und C. anfänglich nichts vom Verfahren gegen A. erfährt. Dieser Punkt wird denn auch von der Verteidigung als gravierend ins Feld geführt und zudem auch, dass das ganze Verfahren über 6,5 Jahre gedauert habe, bis es zur Verhandlung in der vergangenen Woche gekommen ist.

Das «Beschleunigungsgebot» sei klar verletzt worden. Für die Schwyzer Staatsanwaltschaft hingegen und auch für die Privatklägerin, den Firmeninhaber, der sein «Firmengeheimnis» verletzt sieht, ist die Sache indes ganz klar: A. habe mit seiner Firma nur so viel Erfolg gehabt, weil er und seine Mitarbeitenden die besondere Schleifmethode abgeschaut hätten.

Die Firma von D. habe deswegen massive Umsatzeinbussen erlitten. Insgesamt fordert der Privatkläger deshalb einen Schadenersatz von 250’000 Franken sowie die Übernahme der Verfahrenskosten.

Die Schwyzer Staatsanwaltschaft fordert für A. eine bedingte Freiheitsstrafe von elf Monaten und eine Geldstrafe von dreissig Tagessätzen zu 280 Franken. Für B. und C. sind bedingte Geldstrafen von sechzig Tagessätzen zu 120 beziehungsweise 130 Franken gefordert.

Nachweis der Methode?

Die Strafandrohung ist völlig unberechtigt, wenn man den Argumentationen der Verteidiger folgt: Sie sehen den vorgehaltenen Tatbestand des Geheimnisverrats als nicht gegeben, weil das Glasschleifen eine Technik sei, die jedermann im Internet nachschauen und so-gar mit Gebrauchsanweisungen der Produktehersteller erlernen könne.

Die Kernproblematik der Anklage liege darin, dass die Anklägerin selbst nicht wisse, was das angebliche Geheimnis des Glasschleifens der Firma von D. sei und welche Methoden die angeklagte Firma verwende.

Die Schwyzer Staatsanwaltschaft habe es in den vergangenen Jahren versäumt, die Nachweise der Methoden zu erbringen beziehungsweise diese durch Sachverständige untersuchen zu lassen.

Da die Anklägerin nicht wisse, was das Geheimnis sei, könne sie auch nicht daraus schliessen, dass die Methoden identisch seien, ob sie sich gleichen oder ob die Methode der Firma A. von der Firma D. abstamme und ob in der Folge davon überhaupt hätte ein Geheimnis verletzt werden können.

«Es bleibt entsprechend ein Geheimnis, was das angebliche Geheimnis sei und wie dieses verletzt worden sein soll», wie einer der drei Verteidiger seine Argumentation auf den Punkt brachte: Glasschleifen sei kein Geheimnis, sondern schlicht und einfach ein Handwerk. Die Beschuldigten seien freizusprechen und allfällige Schadensforderungen auf den zivilrechtlichen Weg zu verweisen.

Allenfalls zulasten der Staatskasse Im Übrigen sei es nicht Sache der Angeklagten zu beweisen, dass sie unschuldig seien, sondern es sei Sache der Anklage, die Schuld zu beweisen. Die Beschuldigten äusserten sich während der Verhandlung teils gar nicht zu den Vorwürfen.

Wenn, dann wehrten sie sich explizit gegen den Vorwurf, sie hätten ein geheimes Verfahren kopiert. Dass die Firma von A. floriert habe, sei allein der guten handwerklichen Arbeit zu verdanken gewesen, was auch die Feedbacks der Kunden gezeigt hätten.

Ob die Schwyzer Staatsanwaltschaft mit den vorgebrachten Beweisen (Rechnungen, Umsatzzahlen der mutmasslich geschädigten Firma, Buchhaltungsauszüge etc.) vor Gericht reüssiert, bleibt abzuwarten.

Gerichtspräsident Thomas Jantz gab am Ende bekannt, dass das Gericht die begründeten Urteile baldmöglichst schriftlich an die Parteien zustellen werde, sodass die Beschuldigten nicht lange warten müssten. Man darf gespannt sein, ob es zu Schuldsprüchen kommt oder ob die gesamten Verfahrenskosten dem Staat anfallen.

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