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«Wir begrüssen es, wenn die Kantone bei Problemwölfen schneller reagieren»

«Wir begrüssen es, wenn die Kantone bei Problemwölfen schneller reagieren» «Wir begrüssen es, wenn die Kantone bei Problemwölfen schneller reagieren»

Mario Bürgler, Vorsteher des Amts für Landwirtschaft des Kantons Schwyz, beantwortet Fragen zum Herdenschutz im Kanton Schwyz.

ANDREAS SEEHOLZER

Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone fordert, für den Schutz von Nutztierherden auf Alpen seien klare Kriterien zu erarbeiten und der Bund müsse seine Unterstützungsleistungen erhöhen. Was sagen Sie dazu? Die Regulation ist nebst Monitoring und Herdenschutz ein wich-tiger Pfeiler im Raubtiermanagement. Wir begrüssen es, wenn die Kantone bei Problemwölfen, besonders bei Rudeln, zukünftig vorsorglich und schneller reagieren können. Wirkungsvoller Herdenschutz ist mit hohem finanziellem, sachlichem und personellem Aufwand verbunden. Hier ist die Bundespolitik gefordert, welche die notwendigen Massnahmen und deren Finanzierung zeitnah regeln muss. Mit dem Ende der Alpwirtschaft nimmt der Druck auf den Herdenschutz ab. Wie beurteilen Sie den Herdenschutz 2022 allgemein?

Wir hatten heuer einen bestätigten sowie einen wahrscheinlichen Riss auf einer Alp. Bei einem Vorfall, wo Rinder verletzt wurden, wies die DNA-Probe einen streunenden Hund nach. Hinzu kommen weitere Verdachtsfälle, welche nicht einwandfrei geklärt werden konnten. Von der Rissseite her kommen wir vermutlich glimpflich davon. Bei den Herdenschutzmassnahmen ist eine starke Zunahme an Beratungsanfragen und Gesuchen feststellbar. Das Ganze ist letztlich auch eine sehr emotionale Angelegenheit und zeugt von grosser Unsicherheit.

Seit dem Jahr 2019 besteht ein OAK-internes Notfallkonzept zum Herdenschutz. Die kantonale Herdenschutzberatung wurde erst in diesem Jahr gestartet, obwohl seit Langem bekannt ist, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der Wolf im Kanton Schwyz ein Rudel bildet. Warum so spät? Ein erstes Wolfskonzept des Kantons wurde im Jahr 2010 vom Schwyzer Regierungsrat verabschiedet. Der Kanton bietet seither Herdenschutzberatungen an und kommuniziert regelmässig über die Möglichkeiten der Landwirte im Herdenschutz. Auch tauschen wir uns regelmässig mit dem Schwyzer Amt für Wald und Natur und der kantonalen Bauernvereinigung aus. Das Schwyzer Amt für Landwirtschaft hat seit dem 11. Mai 2010 alle Massnahmen, welche die Politik erlassen hat, zeitnah umgesetzt. Weitere politischen Instrumente in unserem Zuständigkeitsbereich gibt es zurzeit nicht. Bislang hat sich im Kanton Schwyz zum Glück noch kein Rudel gebildet. Dies ist allerdings eine Frage der Zeit.

Der Kanton hat Grundlagen für einen koordinierten Herdenschutz geschaffen. Was heisst das konkret? Wir wissen nach der Schaf- und Ziegenalpplanung besser, wo mit wenig Aufwand viel bewirkt werden kann. Zudem sehen wir zukünftige Problemfelder bes-ser und können die Anliegen der Landwirtschaft und des Herdenschutzes proaktiv einbringen. Die im Schwyzer Amt für Landwirtschaft bestehende Herdenschutzberatung wurde mit einer «Ersteinsatzgruppe Herdenschutz » verstärkt. Was heisst das konkret? Das Team hilft, bei Riss oder Rissverdacht unkompliziert und schnell vor Ort zu sein. Auch hier arbeiten wir eng mit dem Amt für Wald und Natur, insbesondere mit der Wildhut, zusammen. Mit der Ersteinsatzgruppe Herdenschutz können wir die Aktivitäten auf verschiedene Schul-tern verteilen. Das hilft uns, die vielen Anfragen für die Herdenschutzberatungen schneller zu bearbeiten.

In diesem Zusammenhang wurden auch die bestehenden Notfallsets erweitert. Woraus besteht ein Notfallset? Ein Notfallset besteht aus Zaunmaterial sowie Geräten zur Verwirrung des Raubtieres wie Blinklampen oder Bändern, die im Wind flattern. Im äusseren Kantonsteil gehen Hirsche neu in Maisfelder, vermutlich weil in den abgelegenen Gebieten Druck durch den Wolf besteht. Kennen Sie die Situation – und was gilt es zu tun, damit die Hirsche die Maisfelder nicht beeinträchtigen? Ja, die Situation kennen wir. Ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Wolfes und den zunehmenden Schäden in den Maisfeldern wird zwar vermutet, ist jedoch nicht erwiesen. Wir beobachten auch hier die Lageentwicklung aufmerksam und überlegen uns zusätzliche Dispositionen für die kommenden Jahre. Die Bundesgesetzgebung in den Bereichen Jagd und Landwirtschaft bildet die rechtliche Grundlage, entstandene Schäden sowie Massnahmen zur Schadensminderung zu vergüten.

Zurzeit wird die Datenbasis zur Sömmerungssituation mit einer Schaf- und Ziegenalpplanung erweitert. Welche Alpen wurden besucht? Es wurden 42 Schafalpen ab einer Grösse von einem Normalstoss besucht.

Wie ist der Stand der Datenerhebung?

Die Datenerhebung vor Ort ist nahezu abgeschlossen, und nun erfolgt eine erste Auswertung.

Welche Massnahmen sind für diese Alpen geplant? Die Verarbeitung läuft noch. Hier können wir noch keine Aussagen machen. Am Ende entscheidet der Bewirtschafter, welche Massnahmen er in welchem Zeitraum umzusetzen gedenkt. Wir können die Bewirtschafter in diesem Bereich nur beratend unterstützen. Die Umsetzung ist allerdings nicht in unserem Zuständigkeitsbereich.

Muss der Besatz bei gewissen Alpen verringert werden? Eine Schafalpplanung hat keinen Einfluss auf den verfügten Besatz, die Tieranzahl, auf den Alpen. Es gibt sogar Rückmeldungen, dass einzelne Alpen möglicherweise unterstossen sind.

Falls es bei gewissen Alpen mehr Personal braucht, kann dieses überhaupt rekrutiert werden? Das wird eine der grossen Herausforderungen. Die Schwyzer Alpen sind aber vom Mittelland her schnell erreichbar und daher auch in einem gewissen Masse attraktiv. Im Winter sollen mit den jeweiligen Älplern mögliche Strategien für den Herdenschutz entwickelt werden. Stimmt dieser Fahrplan noch?

Ja. Das ist so vereinbart.

Auf den Schwyzer Alpen ist es im vergangenen Sommer zu einem bestätigten Riss durch einen Wolf gekommen.

Foto: Tierpark Goldau

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