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«Das Einbürgerungssystem funktioniert gut; es braucht keine Änderungen»

«Das Einbürgerungssystem funktioniert gut;  es braucht keine Änderungen» «Das Einbürgerungssystem funktioniert gut;  es braucht keine Änderungen»

Auf eine intensive Sessionswoche in Bern blickt Nationalrat Alois Gmür zurück. Im EA-Interview nimmt er zu ausgewählten Themen Stellung.

Der Nationalrat will eine Parlamentarische Untersuchungskommission zur Aufarbeitung der Notübernahme der Gross-bank Credit Suisse durch ihre Konkurrentin UBS. Warum ist das nötig – und was versprechen Sie sich davon? Solch ein Debakel darf nicht mehr passieren. Es ist unbedingt notwendig zu untersuchen, wer für was die Verantwortung zu übernehmen hat und welche Fehler gemacht worden sind. Das «to big to fail»-Gesetz, das aufgrund der UBS-Krise erarbeitet worden ist, konnte anscheinend nicht angewendet werden. Auch da stellen sich Fragen und müssen Konsequenzen gezogen werden.

Eine PUK hat weitergehende Möglichkeiten etwas zu untersuchen und aufzuarbeiten, als eine normale Geschäftsprüfungskommission. Deshalb habe ich die Einsetzung einer PUK unterstützt.

Der Ständerat hat dem Bundesgesetz über das Gesichtsverhüllungsverbot zugestimmt. Wer an öffentlich zugänglichen Orten das Gesicht unkenntlich macht, kann mit maximal 1000 Franken gebüsst werden. Das Geschäft geht jetzt an den Nationalrat. Wie denken Sie darüber?

Was der Ständerat beschlossen hat, ist richtig. Es geht vor allem darum, bei Demonstrationen die Leute zu erkennen. Es kann nicht sein, dass man bei Demonstrationen anonym bleiben kann. Die Fasnacht ist von dieser Vorschrift nicht betroffen.

Nach langer Diskussion hat sich das Parlament zur Modernisierung des Sexualstrafrechts gefunden: Es hat sich auf die «Nein heisst Nein»-Kompromisslösung geeinigt. Entspricht diese Lösung auch Ihren Vorstellungen? Oder wäre die «Ja heisst Ja»-Lösung nicht eindeutiger gewesen? Ich finde diese Diskussion sehr mühsam. Für mich macht es keinen Unterschied. Wegen dieser Regelung werden nicht weniger Vergewaltigungen passieren. Die Ukraine beschäftigt auch die Schweizer Parlamente – gewollt und ungewollt. So legten am Mittwoch zwei Cyberattacken die Parlaments-Webseite lahm – wenige Tage vor der geplanten Internet-Rede von Ukraine- Präsident Wolodimir Selenski. Was löst das bei Ihnen aus? Wir wurden orientiert. Grosse Diskussionen hat es nicht ausgelöst und es wurde auch nicht über einen möglichen Angreifer spekuliert. Bleiben wir bei der Ukraine: Selenski möchte sich bekanntlich am 15. Juni per Videoschaltung an den Nationalrat wenden. Die SVP-Fraktion wollte diesen Auftritt mit einem Ordnungsantrag verhindern, fand mit 128 Nein zu 58 Ja und bei 4 Enthaltungen aber keine Mehrheit. Welche Position nehmen Sie ein? Selenski wird überall auf der Welt angehört. Die Schweiz kann es sich nicht leisten, ihm eine Absage zu erteilen. Die Rede findet ausserhalb der offiziellen Sitzungszeit statt und eine Teilnahme ist freiwillig. Ich finde es rich-tig, dass er sich auch bei uns äussern kann. Der Nationalrat sagt Nein zu einer «Lex Ukraine». Damit können vorerst weiterhin keine Schweizer Waffen von anderen Ländern an die Ukraine weitergegeben werden. Die Änderung des Kriegsmaterialgesetzes hätte per sofort in Kraft treten sollen und wäre vorerst bis Ende 2025 befristet gewesen. Was ist Ihre Meinung? Ich habe die Lex Ukraine unterstützt. Die Waffen wurden von einem andern Staat in der Schweiz gekauft. Wenn diese Waffen in die Ukraine geliefert werden, hat dies der Staat zu verantworten, der die Waffen besitzt und den Verkauf oder die Lieferung tätigt. Die Schweiz ist hier nicht mehr in der Verantwortung. Fünf Milliarden Franken: So viel Geld soll die Schweiz in den nächsten fünf bis zehn Jahren für die Ukraine reservieren, fordert Ständerat Mathias Zopfi (Glarus) in einer Motion. Der Nationalrat sagte Nein. Was halten Sie davon? Ich war dagegen. Wir können doch nicht einfach 5 Milliarden Franken sprechen! Unser Bundeshaushalt ist sehr angespannt. Der Krieg ist noch nicht vorbei und wir zahlen schon für den Wiederaufbau. Das ist absurd. Zuerst muss der Krieg beendet werden und nachher kann für den Wiederaufbau Geld gesprochen werden. Ich habe deshalb Nein gestimmt. Zurück zum Inland: Der Nationalrat ist bei der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze für Asylsuchende umgeschwenkt: Statt 133 will er dafür nur noch 66 Millionen ausgeben – und versucht damit, das Geschäft zu retten, nachdem der Ständerat bereits Nein gesagt hat. Wie ist Ihre Meinung? Der Bund ist für die Erstaufnahme zuständig und infolgedessen hat er auch für die Unterbringung der Asylsuchenden zu sorgen. Es kann nicht sein, dass die Gesuchstellenden in dieser Phase den Kantonen respektive Gemeinden zugeteilt werden.

Ich finde es höchst problematisch, diese Leute in Zivilschutzunterkünften unterzubringen, weil diese in der Regel bei Schulhausarealen sind. Dies ist für den Schulbetrieb nicht förderlich. In Containerdörfern auf Arealen der Armee können die Asylsuchenden besser überwacht und das Verfahren kann dort durchgeführt werden. Ich kann die Haltung der Mehrheit des Ständerates nicht nachvollziehen.

Der Nationalrat will die Hürden zur Schweizer Staatsbürgerschaft nicht senken. Er hat am Mittwoch mehrere Vorstösse aus den Reihen der Grünliberalen abgelehnt. Wie haben Sie gestimmt? Ich habe die Vorstösse zur Erleichterung der Einbürgerung abgelehnt. Das aktuelle System funktioniert gut. Es braucht keine Änderungen. Schweizer Kraftwerke sowie Strom- und Gasnetze sollen nur unter eng definierten Bedingungen ins Ausland verkauft werden dürfen. Finden Sie es rich-tig, dass deswegen das Gesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland angepasst wird? Dies über das Gesetz über den Erwerb von Grundstücken aus dem Ausland zu regeln, funktioniert nicht. Ich habe deshalb Nein gestimmt. Es wird aber in der Herbstsession eine Vorlage kommen, die die Problematik von Kauf kritischer Infrastrukturunternehmen durch Ausländer unterbinden will. In dieser Vorlage wird die Problematik umfassender gelöst. Dieser werde ich zustimmen. Sozusagen in eigener Sache: Das Büro des Ständerats sprach sich dafür aus, dass auch bei den Politikerinnen und Politikern im Bundeshaus der Lohn der Teuerung um 2,5 Prozent angepasst wird. Umgehend wurde Kritik laut. Mit Folgen: Am Mittwoch, 31. Mai, versenkte er mit 29 zu 11 Stimmen seine eigenen Pläne. Damit ist die Lohnerhöhung vom Tisch. Sie wären auch einer der Nutzniesser gewesen … Das Parlament soll mit gutem Beispiel vorangehen. Beim Personal haben wir die Teuerung nicht vollumfänglich ausgeglichen, aber bei uns selber wären wir grosszügig. Das geht nicht. Das gibts ganz selten: Mit 196 zu 0 Stimmen und ohne Enthaltung hat der Nationalrat am Dienstag dieser Woche eine Vorlage gutgeheissen. Es ging um die Verkehrsprogramme für Agglomerationen. 1,6 Milliarden Franken hat die grosse Kammer bewilligt. Worauf führen Sie diese einstimmige Unterstützung zurück? Die Verkehrsinfrastruktur ist für unser Land sehr wichtig und entscheidend für seine Attraktivität. Die Vorlage war gut austariert und hat alle Verkehrsteilnehmer in allen Landesteilen berücksichtigt. Deshalb war sie unbestritten.

Alois Gmür

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