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Raus aus dem Schulzimmer, rein in die Blumenwiese

Raus aus dem Schulzimmer,  rein in die Blumenwiese Raus aus dem Schulzimmer,  rein in die Blumenwiese

Am vergangenen Montag fand das Projekt «Blumenwiesenwettbewerb 2023 in Einsiedeln» seinen ersten Höhepunkt: Auf den 27 angemeldeten Wiesen des Bezirks Einsiedeln wurden die verschiedenen Kräuterund Gräserarten gezählt.

Gut 20 Studierende der Landschaftsarchitektur der Ostschweizer Fachhochschule, Rapperswil, (OST) und drei ihrer Dozenten durften das Schul-zimmer gegen einen praxisnahen Einsatz in der Natur eintauschen. In Gruppen à fünf Personen, je einem Fahrer, einer Betreuungsperson und drei Studierenden der OST wurden die verschiedenen Wiesen angefahren, die im ganzen Bezirk verteilt waren. Einziges Kriterium: Die Wiese liegt auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Bezirk Einsiedeln und ist eine extensiv genutzte oder wenig intensiv genutzte Wiese, Qualitätsstufe II (Streueflächen sind ausgeschlossen). Solche Wiesen dürfen hier frühstens ab dem 1. Juli gemäht, nicht gedüngt und erst im Herbst beweidet werden.

Wettbewerb gestartet!

Vor gut zwei Jahren lancierte das Vernetzungsprojekt Einsiedeln (VPE, siehe Kasten), dieses Projekt. Die suisseplan Ingenieure AG, insbesondere Damaris Siegenthaler, ist zuständig für die Koordination des Wettbewerbs, den Kontakt mit der Fachhochschule und dem Vorsitzenden des VPE und die Vorbereitung und Bereitstellung der Unterlagen für die Feldaufnahmen. Der Vorsitzende des VPE, Gerold Birchler junior erklärt, warum es von der Idee bis zur Umsetzung so lange dauerte: «Wir begaben uns auf Sponsorensuche und ka-men mit der Migros in Kontakt. Von der Idee bis zur Zusage dauerte es dann aber ein Jahr. Dann kamen noch weitere Sponsoren hinzu und jetzt können wir das Projekt schön gross realisieren!» Im Januar wurden alle Bauern angeschrieben und sie konnten sich bis Ende April anmelden. Nach der langen Vorbereitungszeit war es nun endlich so weit und am Montag wurden die Vegetationsaufnahmen gemacht. Die freiwilligen Fahrer lots-ten die Ortsfremden zielsicher auf die Wiesen, teils musste auch ein Stück zu Fuss zurückgelegt werden. Manchmal waren die Bauern anwesend, ab und zu zeigten sie einfach den Weg. Eine Studierende meinte aber: «Die Bauern waren schon interessiert daran, dass wir viel finden!» Die acht Gruppen schauten sich eine gute Stunde auf ihren zugeteilten Wiesen um und suchten sie ganz genau ab. Danach wurde die Wiese gewechselt. Nicht jede Blume wurde auf Anhieb erkannt, da musste doch ab und zu ein Buch oder auch das Handy hervorgeholt werden. Wenn man gar nicht fündig wurde, tauschte man sich beim gemeinsamen Mittagessen oder Abschluss mit den anderen Gruppen aus. Viele lateinische Namen wurden aufgezählt und auf einer vorgefertigten Liste angekreuzt: Orchideen, Gräser, Lilien und vieles mehr wurde entdeckt. Ein Kreuz ergibt einen Punkt. Nachdem ein erster Überblick über die Wiese gemacht worden war, wurde genauer geschaut und teilweise gezielt gesucht: «Diese Blume müsste es hier doch geben …» Bisher lag das Maximum bei 107 Arten Birchler schätzt die Artenvielfalt in diesen speziellen Ökowiesen als hoch ein und erhofft sich, dass es Wiesen mit 80 verschiedenen Arten gibt. Auch er selber nahm mit einer Wiese teil. Auf die Frage, ob man etwas für die Förderung der Artenvielfalt tun könne, meint er: «Ansäen nützt nicht viel und dazugeben heisst auch verdrängen. Sinnvoll ist es, beim Mähen einen Teil stehen zu las-sen oder sonst eine zusätzliche Struktur in die Wiese zu bringen mit Ästen oder Steinen.» Die artenreichste Wiese könne man sich nicht kaufen, sondern diese werden über Generationen gepflegt. Und deshalb erachtet Birchler das Projekt als sehr wertvoll: «An der Viehausstellung prämieren wir schliesslich auch unsere schönste Kuh. Dieser Wettbewerb ist einmal etwas anderes. So können wir der Bevölkerung aufzeigen, dass wir seit Generationen gut zu unserer Erde schauen! » Laura Ochsner, Landwirtin und Pferdefachfrau in Egg, bewirtschaftet einige Ökowiesen in den Sihleren und kann dem nur beipflichten: «Bereits mein Vater war schon sehr ökologisch unterwegs und leistete Pionierarbeit auf unseren Wiesen.» In Sachen Förderung der Biodiversität erarbeitet auch der Bezirk Einsiedeln aktuell ein Konzept, welches langfristige Ziele und Massnahmen aufzeigen soll. Wie zum Beispiel die Schaffung von Wildblumenwiesen, vor Kurzem wurde eine solche beim Spital angesät.

Nach den Vegetationsaufnahmen ist nun die suisseplan Ingenieure AG gefordert. Eine eingesetzte Jury kürt die artenreichste Wiese, die Blätter der Wiesen werden ausgewertet und eine Übersicht mit allen gefundenen Arten erstellt. Die Regeln sind einfach: Wer die grösste Artenvielfalt aufweist, hat gewonnen. Die Siegerwiese wird anlässlich des Erlebnistags auf dem Bauernhof bei Röbi und Monika Portmann bekannt gegeben. Diese Wiese wird zusätzlich zum Preis mit einer Hoftafel beschenkt und die restlichen Teilnehmer werden eine Mitmachplakette erhalten. Den Erlebnistag organisiert der Bauernverein regelmässig, um die Landwirtschaft der nicht-bäuerlichen Bevölkerung näherzubringen. Dann werden wir auch wissen, wie gross die Artenvielfalt auf unseren Wiesen tatsächlich ist!

ch


Landwirtin und Pferdefachfrau Laura Ochsner (ganz links) zeigte ihre Ökowiese in Egg voller Stolz den Studierenden der Landschaftsarchitektur.

Im ganzen Bezirk Einsiedeln wurden die artenreichsten Wiesen gesucht. Dozenten, Studierende und Fachpersonen fachsimpelten über Blumen und Gräser.

Beim gemeinsamen Mittagessen beim Kühlmattli tauschten die acht Gruppen sich aus und holten bei den Dozenten Rat ein beim Bestimmen der Arten.

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