Veröffentlicht am

«Das Spektakel begeisterte»

«Das Spektakel begeisterte» «Das Spektakel begeisterte»

Der vom Verein Corvorum Anima organisierte Mittelaltermarkt zog das Volk in seinen Bann

Stephan Zürcher, OK-Präsident des zweiten Mittelaltermarkts in Einsiedeln, zieht eine positive Bilanz über das Spektakel, das am Wochenende im Paracelsuspark und auf der Brüelwiese über die Bühne ging.

Wie fällt Ihre Bilanz aus im Rückblick auf den zweiten Mittelaltermarkt in Einsiedeln? Ich ziehe eine positive Bilanz über den Mittelaltermarkt und bin sehr zufrieden, wie der Anlass im Klosterdorf über die Bühne gegangen ist: Das Spektakel begeisterte das Volk, und die Händlerinnen und Händler rühmten das einmalige Ambiente und die gute Stimmung am Wochenende auf dem Gelände, auf dem der Markt stattgefunden hat. Wie viel Gesindel war am Markt anwesend? Unsere Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen: Wir haben über 200 Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer und 4200 Besucherinnen und Besucher gezählt. Am ersten Mittelaltermarkt in Einsiedeln im Jahr 2018 sind 2000 bis 2500 Leute gekommen. Dass nun die Besucherzahl verdoppelt werden konnte, freut uns naturgemäss über alles. Die Mittelalter-Szene erlebt seit Jahren einen regelrechten Aufschwung: Möglicherweise auch dank der Corona- Pandemie, in der manche mit dem Mittelalter ein neues Hobby gefunden haben.

Hat der erhobene Wegzoll von fünf Talern ausgereicht, um über die Runden zu kommen? Corvorum Anima ist ein kleiner Verein, und das Budget dementsprechend nicht riesengross. Auch wenn noch nicht alle Rechnungen definitiv feststehen, können wir doch getrost feststellen, dass wir nicht zuletzt dank der Verdoppelung der Besucherzahlen gut über die Runden kommen sollten.

Kam es während des Markttreibens zu Raufhandel? Nein, überhaupt nicht: Die Wachleute der Regierung und die Reisläufer mussten nicht einschreiten. Auch auf dem Gelände des Heerlagers ging es ausgesprochen friedsam zu und her. Die Rettungssanitäter kamen nicht zum Einsatz. Es gab vereinzelt Blessuren durch Insektenstiche oder durch Stürze: Diese Verletzungen konnten wir aber allesamt dank unseren Hausmitteln kurieren (lacht). Niemand muss-te ins Hospital im Klosterdorf gefahren werden.

Wer wurde alles an den Pranger gestellt?

Offiziell ist kein Fall bekannt gemacht worden, in dem eine unlautere Person an den Pranger gestellt wurde. Der Pranger hat sich aber als eigentlicher Publikumsrenner entwickelt: Die Leute mussten teils anstehen in einer Schlange, um sich freiwillig diesem Prozedere zu unterwerfen. Wie hat Ihnen der am Spiess grillierte Ochs geschmeckt? Natürlich habe ich gleichermassen vom Ochsen probiert und darf feststellen: Der Ochs hat ausserordentlich gut gemundet. Von den beiden Ochsen zusammen haben wir rund 800 Portionen verkauft am Wochenende: Ein Ochs hat immerhin eine Vierteltonne Gewicht auf die Waage gebracht. Was war für Sie persönlich der Höhepunkt? Für mich war der Höhepunkt, dass das Fest mit allem Drum und Dran derart reibungslos über die Bühne gegangen ist. Das Wetter hat toll mitgespielt: Es war nicht zu heiss und überwiegend trocken. Nur ganz zum Schluss des Mittelaltermarkts am Sonntagabend, als es bereits ans Aufräumen gegangen ist, kamen einige Windböen und leichte Regenschauer auf. Auf den Strassen rund um den Mittelaltermarkt hat der Verkehr meines Wissens flüssig zirkuliert: Es kam trotz der Tamilenwallfahrt zur Schwarzen Madonna nicht zu einem Verkehrszusammenbruch.

Wie kommt es dazu, dass das Mittelalter vollends im Trend liegt? Serien wie «Game of Thrones» oder Filme wie «Robin Hood» ha-ben das Interesse für das Mittelalter geweckt. Umso schöner, wenn dank unseres Marktes Geschichte erlebbar gemacht werden kann. Wir sind zudem umgeben von Wahrzeichen aus dem Mittelalter, etwa der St. Gangulfkapelle auf der Brüelwiese oder dem Schlossturm in Pfäffikon. Überdies zieht das Mittelalter die Menschen an, weil die damalige Zeit eine helle, farbige und auch fröhliche war, in der viel getanzt wurde – entgegen dem Mythos vom Mittelalter als eines «dunklen Zeitalters». Kommt hinzu, dass es damals langsamer zu- und hergegangen ist: Viele Leute sind ob der Hektik in unserer Zeit überfordert.

Was unterscheidet das Mittelalter von unserer Zeit? Man musste damals das Essen, das täglich auf den Tisch gekommen ist, härter erarbeiten als dies in unseren Zeiten der Fall ist. Zudem lebten die Leute während der tausend Jahre des Mittelalters wie in einer Blase, die erst mit der Aufklärung aufgelöst wurde. Bis zur Aufklärung im 18. Jahrhundert gab die Kirche den Takt an – und herrschte damit auch über die Moralvorstellungen der damaligen Zeit. Wie sind Sie selber auf das Mittelalter gestossen? Bereits in der Schulzeit wurde mein Interesse für das Mittelalter geweckt. Erst recht wurde ich dann dank Serien und Filme von dieser Zeit «angefixt». Und schliesslich war es dann die Zeichnerlehre, dank der ich auf die Baumeister und Steinmetze aufmerksam wurde, die damals im Mittelalter all die gotischen Wunderwerke wie Kathedralen und andere Prachtsbauten vollbracht haben.

Wann soll der dritte Mittelaltermarkt über die Bühne gehen? Wir rechnen damit, dass wir den Markt im Dreijahresrhythmus über die Bühne gehen lassen könnten. Der 3. Mittelaltermarkt würde auf diese Weise schätzungsweise im Jahr 2026 in Einsiedeln stattfinden. Wir werden nichts Grundlegendes verändern in der kommenden Ausgabe des Mittelaltermarkts im Klosterdorf: Womöglich werden wir Wegweiser verbessern und einen Infozettel optimieren. Fürs Erste planen Teile des Vereins Corvorum Anima Ende August einen Ausflug an den 4. Mittelaltermarkt in Bassersdorf. Eine Woche vorher besuchen wir die Südtiroler Ritterspiele in Schluderns im Vinschgau, an denen stolze Ritter ihre Gegner auf Schlachtfeldern ins Visier nehmen.


Alt und Jung, Städter und Leute vom Land, unternahmen am Samstag und am Sonntag eine Reise in längst vergangene Zeiten.

Durchwegs in friedlicher Mission unterwegs: Zwei mittelalterliche Gestalten auf dem Weg vom Heerlager zum Markt.

Mirabilis spielten Musik aus dem Mittelalter und gaben Tänze, Gassenhauer, Fanfaren sowie Liebes- und Studentenlieder zum Besten. Fotos: Erwin Gubler

Share
LATEST NEWS