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Grüsse aus …

Die Rechnung war einfach: Wollte man Ansichtskarten erhalten, musste man wohl oder übel auch welche verschicken. In einem subtilen Evaluations-Verfahren suchte man passende Sujets aus. Diese Karte für die Grosseltern, jene für die Freudin, wieder eine andere für den Götti und so weiter. Die Texte, die man auf die Karten schrieb, waren mehr oder weniger geistreich und endeten meist mit «Viele Grüsse aus…».

Wann haben Sie die letzte Ansichtskarte erhalten? Wann die letzte verschickt? Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, glaube aber zu wissen, dass ich noch Karten erhalten hatte, nachdem ich bereits aus dem Karten-Schreib-Geschäft ausgestiegen war. Heute verschickt man die Feriengrüsse per WhatsApp. Das geht ruckzuck, lässt sich beliebig oft kopieren und ist beim Empfänger so schnell angekommen wie wieder gelöscht.

Seit meiner Kindheit hob ich alle Ansichtskarten auf, die ich erhielt. Mein Vater, der Zugführer bei der SBB war, schickte mir aus der halben Schweiz Karten, und so wuchs nebst meinen Geografie- Kenntnissen auch meine Sammlung fast wöchentlich. Ich reihte die Ansichtskarte fein säuberlich in Sichtmappen ein und führte Buch, wie viele Länder schon vertreten waren. Was war ich stolz auf diesen Ordner!

Vom Umzug nach Einsiedeln wurde das Sammelsurium, das in den letzten Jahren keinen nennenswerten Neuzugang mehr zu verzeichnen hatte, verschont. Es fand in meiner alten Heimat noch einen dankbaren Abnehmer älteren Jahrgangs, der seinem Ziel, von jeder Gemeinde der Schweiz eine Ansichtskarte zu haben, ein Schrittchen näher gekommen war.

* Fanny Reutimann (56) ist sich sicher, dass ihre Ansichtskarten- Sammlung auch eine Karte aus Einsiedeln beherbergte. Und dass an der heutigen Zwischenluegeten 3 noch grüne Wiese war.

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