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Das andere Welttheater – Calderon zwischen Genialität und Wahnsinn

Das andere Welttheater – Calderon zwischen Genialität und Wahnsinn Das andere Welttheater – Calderon zwischen Genialität und Wahnsinn

Die Theaterkünstler des Freilichtspielhauses Dautenheim zeigten am Sonntag auf dem Klosterplatz ihren Film «Der Wagen – das spezielle Welttheater», in welchem die Reise quer durch Deutschland erzählt wird.

Anette Storr inszenierte 2017 das Welttheater nach der Eichendorff- Fassung für die Freilichtbühne Dautenheim (DE). Im Sommer 2019 unternimmt das Theaterensemble eine ungewöhnliche Deutschlandtournee. Sie reisen mit einer über 100-jährigen Heuwagenbühne einmal quer durch Deutschland, von Rheinhessen über sechs Bundesländer nach Berlin. Jeden Abend spielt die Truppe von 17 Schauspielern in einer anderen Ortschaft, jeden Tag ziehen sie wie ein Zirkus mit Traktor und zwei Heuwagen 40 Kilo-meter weiter. An jedem Ort spielen sie das grosse Welttheater, wo aus den zwei Heuwagen eine mobile Bühne entsteht, in einer Fassung, die von Carina Graf mit Dominik Hallenbach und Johannes Karl inszeniert wurde. Als Text wurde auf die Eichendorff-Sprache abgestellt. «Der Wagen » ist ein Film über die Kraft des Theaters, der einen ungewohnten Blick auf Deutschland bietet, vom Land in die Stadt, von West nach Ost, durch die Jahrhunderte. Auftritt auf dem Klosterplatz

Am Sonntagabend waren die Künstler, die mit einem alten Feuerwehrauto mit angebauter Bar und aufgebauter Leinwand unterwegs sind, auf dem Klosterplatz in Einsiedeln zu Gast. Sie bauten das Feuerwehrauto als mobiles Kino auf. Die Treppe zum Kloster wurde zur Freilichtarena. Für uns eher ungewöhnlich war, dass die Gäste die Sitzkissen selber mitbringen sollten. Die Stimmung war prickelnd, da die meisten Zuschauer nicht wussten, was sie im Film erwartet. Dieser zeigt eindrücklich, was es braucht, jeden Morgen aufzustehen, etwa 40 Kilometer zum nächsten Halt im Traktorentakt zu fahren und am Zielort, egal wie das Wetter ist, die Bühne aufzubauen. Danach mit der Handglocke in allen Gassen verkünden, dass am Abend das Welttheater aufgeführt wird. An vielen Tagen war das Ensemble glücklich, wenn alles um 18 Uhr bereit war und die Aufführung seriös vorbereitet werden konnte. Die Realität war aber vielfach, dass etwas dazwischen kam, vom Radnabenproblem über Wege, die es nur noch auf der Karte gab, bis zum Regen, der alles verlangsamte.

Übrigens im Film wurde nie Regen gezeigt, da die Schauspieler vermitteln wollten, dass sie immer strahlen. Jeder Akteur des Einsiedler Welttheaters weiss nur zu gut, was es heisst, bei jedem Wetter zu spielen. Erst wer erlebt hat, wenn der Gedanke kommt, ob jetzt der Schweiss oder schon der Regen aus dem Kostüm läuft, kann nachfühlen, mit welchen Strapazen die Künstler einen Sommer lang unterwegs waren.

Unvergessliche Zeit

Viele Besucher fragten sich, ob so ein Welttheater auch in der Schweiz denkbar wäre. Viele Zuschauer sind voller Gedanken nach Hause gegangen, dass sie einen solchen Wahnsinn nie mitmachen würden. Jeder, der im Dautenheimer Ensemble dabei war, wird die Zeit nie verges-sen. Das Theater wie der Film belegt eindrücklich, dass Genialität und Wahnsinn beieinander liegen.

Foto: zvg

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