Veröffentlicht am

Keiner fand ein Rezept gegen Pirmin Reichmuth

Keiner fand ein Rezept gegen Pirmin Reichmuth Keiner fand ein Rezept gegen Pirmin Reichmuth

Die Innerschweizer holten den ersten Sieg an dem Bergfest

Der reine Innerschweizer Schlussgang zwischen Pirmin Reichmuth und Joel Wicki endete nach 14 Minuten unentschieden, was Reichmuth zum Sieg reichte. Dem Rothenthurmer Florian Grab fehlte lediglich ein Viertelpunkt für den Kranzgewinn.

Die 6050 Zuschauer kamen bei trockenen, aber kühlen Bedingungen in der herrlich gelegenen Brünigarena in den Genuss vieler spannender Gänge, bei denen auch gepfefferte Überraschungen nicht ausblieben. Die Innerschweizer präsentierten sich in einer starken Verfassung und sind nach einem vierjährigen Unterbruch (2019 Pirmin Reichmuth) auf eindrückliche Art auf die Siegerstrasse zurückgekehrt. Das dürfte für sie nach dem Debakel auf der Rigi eine grosse Genugtuung gewesen sein.

Bereits am Mittag, nach absolviertem halbem Pensum, führten die Innerschweizer die Zwischenrangliste souverän an und hatten an der Spitze ein deutliches Übergewicht. Pirmin Reichmuth und Lukas Bissig führten als einzige mit einer reinen Weste die Zwischenrangliste an. Einzig der Westschweizer Romain Collaud vermochte an dritter Stelle die Phalanx der Innerschweizer zu brechen. Gleich dahinter lag Schwingerkönig Joel Wicki zusammen mit dem bestklassierten Berner Adrian Klossner in Lauerstellung Diese vielversprechende Ausgangslage gaben sie nicht mehr aus der Hand und hielten die Berner und die Romands mit einer auf dem Brünig schon lange nicht mehr gesehenen Souveränität in Schach. Dennoch waren die Siegeschancen bei den Bernern zu diesem Zeitpunkt noch intakt. Die Mutzen waren um den Tagessieg noch keineswegs ausser Traktanden gefallen. Für sie, die bei den bisherigen Schwingeranlässen für positive Schlagzeilen besorgt waren, trat das von vielen erwartete «Waterloo» nicht sein. Mit vier Siegen vermochte sich Pirmin Reichmuth von seiner Gegnerschaft leicht abzuheben. Er übernahm die Führung vor dem überraschenden Berner Adrian Klossner und Joel Wicki vor dem Ausstich. Im Schlussgang kam es schliesslich zur Neuauflage von 2019 zwischen Pirmin Reichmuth und Joel Wicki. Damals reichte Reichmuth für den Sieg dank seines zuvor herausgeholten Punktevorsprunges ebenfalls ein Unentschieden zum Sieg.

Galavorstellung von Reichmuth Pirmin Reichmuth realisierte nach einem Unterbruch von über einem Jahr auf der Rigi seinen ersten Kranzfestsieg. Der zweite Erfolg auf dem Brünig bedeutete neben der Rigi gleichzeitig sein dritter Festsieg an einem Bergklassiker. Keiner der ihm zugeteilten Gegner hatte in den ersten fünf Durchgängen eine Chance. Dabei bewies er schon zum Auftakt gegen Kilian Wenger viel taktisches Geschick und kam bei der erstbesten Gelegenheit mit Kurz zum Ziel. Mit den verschiedensten Varianten bezwang er auch seine nächsten Kontrahenten. Bei seinen Siegen gegen Lars Zaugg und den Tausendsassa Michael Moser liess er nichts anbrennen und ging mit seiner effizienten Bodenarbeit auf Nummer sicher. Wie er dann Thomas Sempach und Philipp Roth mit Plattwürfen ausmanövrierte, erinnerte an seine allerbesten Tage.

«Im Wissen, dass mir im Schlussgang ein Gestellter für den Tagessieg reicht, ging ich vorsichtig und kontrolliert ans Werk. Ich wollte heute vor allem den Sieg und war darauf fokussiert. » Weiter liess er verlauten, dass er viel Kritik einstecken musste, nachdem er das Verhältnis mit seinem langjährigen Trainer auflöste und das Zepter selber übernahm.

Joel Wicki hat bisher sieben Bergfestsiege gewonnen, doch auf dem Brünig bleibt er der tragische Held. Bereits 2018 und 2019 reichte ihm ein Gestellter nicht zum Sieg. Doch er vermochte das Publikum mit seiner dynamischen Schwingweise zu begeistern. Einen Tolggen gab es für ihn im zweiten Gang. Obschon er Jan Witter unablässig mit allen möglichen Mitteln bearbeitete, gelang es ihm nicht, dessen Verteidigung zu knacken. Doch wie er seine anderen Kontrahenten bis zu deren endgültigen Kapitulation bearbeitete, war Schwingen vom Allerfeinsten.

Im Sog der beiden Schlussgangteilnehmer wuchsen weitere Innerschweizer zum Beginn förmlich über sich hinaus.

Obschon die Berner nicht mit der besten Mannschaft angetreten waren, herrschte bei ihnen am Anfang eine eigenartige Zurückhaltung. Für Lichtblicke im Berner Lager sorgten letztlich vor allem Matthias Aeschbacher und Bernhard Kämpf, der neu zum «Hunderterklub» gehört.

Doch selbst die Tatsache, dass mit Fabian Staudenmann und Adrian Walther ihre Aushängeschilder fehlten, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Berner auf dem Brünig trotz des verpassten Sieges insgesamt einen starken Eindruck hinterliessen. Mit neun zu sechs Kränzen gewannen sie das Duell gegen die Innerschweizer; ein Kranz ging auf das Konto der Westschweizer.

Die Innerschweizer ihrerseits tun gut daran, die geglückte Hauptprobe nicht überzubewerten. Auch wenn die Berner in die Schranken gewiesen worden waren, vermochten sie phasenweise zu begeistern. So sorgten bei ihnen Jungspunde wie Reto Thöni, Etienne Burger und Michael Moser für die Musik.

Zwei Schwyzer Kränze Von den neun angetretenen Schwyzern holten sich zwei den «Kopfschmuck». Mike Müllestein begann mit zwei Gestellten nicht gerade verheissungsvoll. Nach einem Zwischenspurt mit zwei Siegen unterlag er Matthias Aeschbacher. Im letzten alles entscheidenden Duell um den Kranzgewinn konnte er Florian Aellen platt gewinnen. Michael Gwerder blieb bis zum fünften Gang mit drei Unentschieden und zwei Siegen ungeschlagen. Den für den Kranz benötigten Sieg holte er sich in extremis gegen Lorenz Berger.

Vom Schwingklub Einsiedeln nahm ein Trio den Wettkampf in Angriff. Dabei vermochte sich Florian Grab an seinem dritten Bergfest erneut zu steigern. Diesmal fehlte ihm lediglich ein Viertelpunkt für die «Schlaufe». Hervorgehoben kann seine Punkteteilung mit dem Berner Eidgenossen Florian Gnägi. Alex Schuler durfte sich nach vier Gängen noch berechtigte Kranzhoffnungen machen. Doch im Ausstich unterlag er den Bernern Lorenz Berger und Luca Vögeli nach turbulenten Momenten jeweils erst kurz vor Zeitablauf. Pech hatte Christian Schuler. Bei seinem Comeback, das wahrscheinlich zu früh kam, war er ein Schatten seiner selbst. Nach drei Niederlagen und einem Sieg gab er den Wettkampf auf. Er wird voraussichtlich diese Saison frühzeitig abbrechen und seine Verletzung richtig ausheilen lassen.


Christian Schuler gewinnt gegen den Berner Seeländer Damian Gnägi. Fotos: René Burch

Sieger Pirmin Reichmuth lässt sich feiern.

Share
LATEST NEWS