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Die olympischen Sommerspiele von einer ganz anderen Warte aus erlebt

Nicht nur zu ihrem persönlichen Vergnügen weilte die in Egg am Etzel aufgewachsene Annina Bosshard während dreieinhalb Wochen an den Olympischen Spielen in der französischen Metropole. Die 36-Jährige arbeitete als sogenannte Teamleaderin im «Maison Suisse», konnte aber während dieser Zeit auch viel erleben und sich über Begegnungen freuen.

In welcher Funktion waren Sie an den Olympischen Spielen in Paris? Ich war eine von drei Teamleaderinnen für die Position der sogenannten «Guest Relations» mit einem Team von 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im «Maison Suisse». Die «Guest Relations » sind überall dort, wo es Besuchende zu begrüssen, herumzuführen und zu betreuen gilt. Zudem geben wir allen eine helfende Hand, zum Beispiel dem Events Team, und sind da, um den täglichen Programmablauf mit Konzerten, privaten Veranstaltungen und Medaillenfeiern zu unterstützen. Wir sind zur Stelle für ein «Willkommen» für die Besucherinnen und Besucher am «Welcome Desk», geben Auskünfte zur Schweiz und zu unserem Nationenhaus und so weiter. Wir sind gewissermassen das Rückgrat für den täglichen Betrieb. Wo und welches war Ihr Arbeitsplatz und war er nah beim Sportgeschehen?

Mein Arbeitsplatz war (und wird es auch an den Paralympics sein) das «Maison Suisse» in Paris, aufgebaut im Garten der Schweizer Botschaft, ganz in der Nähe des bekannten und prachtvollen Quartiers «Invalides». Dessen Mittelpunkt bildet der gleichnamige Militärkomplex, zu dem auch Napoleons Grabmal und das weitläufige «Musée de l’Armée» gehören.

Wenn man aus der Botschaft tritt, sieht man im Hintergrund direkt den Eiffelturm, der nachts jeweils zur vollen Stunde für fünf Minuten glitzert. Jedes Mal ein herrliches Spektakel! Direkt nebenan wurde das Stadion «Invalides » aufgebaut. Dort war nicht nur das Ziel der Marathons, sondern fanden auch alle Bogenschiessen- Wettkämpfe statt.

Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

Es ist nicht das erste Mal bei den Olympischen Spielen für mich. Ich war schon 2012 bei den Sommerspielen in London und 2014 in Sotschi dabei, damals allerdings in anderen Rollen, als Teil des PR & Communication Teams. Ich hatte im vergangenen Jahr mit einem Teamkollegen von der London-Zeit darüber gesprochen, dass bald wieder Olympische Spiele und ein «House of Switzerland» anstehe. So habe ich mich auf dem offiziellen Weg bei Präsenz Schweiz beworben. Welche Aufgaben galt es für Sie zu erfüllen? Gemeinsam mit meinen Teamkolleginnen entwickelten wir die Einsatzpläne für unser Team, je nach Programmdichte der Tage, die anstand. Wir waren in Schichten während der ganzen Öffnungszeiten des «Maison Suisse» zugegen, für die Olympischen Spiele war das von 11 bis 23 Uhr, mit gewissen Auf- und Abbauaufgaben jeden Tag vor und nach den Schichten. Dann galt es natürlich, die Medaillenfeiern mitzugestalten, den Besuchern das Schweizer Spiel «Street Racket» näherzubringen, die «Basler Läckerli » in der Ausstellung von Basel neu zu bestücken und so weiter. Für die Paralympics wird es vermutlich ähnlich aussehen. Wie gross war für Sie der Zeitaufwand in diesen Wochen und im Voraus?MWir hatten normalerweise etwa Zehnstunden-Tage, je nach Programm-Intensität. Aber es gab in den dreieinhalb Wochen Olympiade, inklusive Vorbereitungszeit, auch dreimal zwei Tage frei, welche ich zur Erholung und für die Besichtigung von Paris bestens gebrauchen konnte. Für die Paralympics wird es wohl in ähnlichem Rahmen sein.

Was ist für Sie persönlich der Reiz an dieser Tätigkeit?

Es war grossartig, die Athletinnen und Athleten im «Maison Suisse» feiern zu dürfen. Dieses Mal ist mir auch besonders das Thema des «Olympischen Friedens » geblieben, er wurde immer wieder erwähnt. Was für Persönlichkeiten haben Sie kennengelernt oder sind zumindest bei Ihnen im «Maison Suisse» vorbeigekommen? Ich hatte dieses Mal etwas «Pech», da alle Bundesratsbesuche ohne mich stattfanden. Persönlich konnte ich den beiden Bronzemedaillen-Gewinnerinnen Tanja Hüberli und Nina Brunner zum dritten Platz im Beachvolleyball gratulieren, die beiden waren extrem nett und haben selbst zu später Stunde noch die Kraft gehabt, für ein Erinnerungsfoto zu posieren.

Wo waren Sie untergebracht und wie waren Unterkunft und Verpflegung?

Wir wohnten alle etwas verteilt in der Stadt. Ich wohnte in einem «Co-Living Space/Hotel» südlich der Stadt mit direkter Metroverbindung zum «Maison Suisse». Das war sehr praktisch und für die manchmal extrem heissen Tage sehr angenehm, da wir eine Klimaanlage hatten, da konnte man immerhin in der Nacht etwas herunterkühlen. Wurde Ihrer Arbeit die entsprechende Wertschätzung entgegengebracht und in welcher Form beispielsweise? Auf jeden Fall, ich habe so viele positive Rückmeldungen von Besuchenden des «Maison Suisse» erhalten. Oft kam man ja ganz einfach ins Gespräch. Die Besuchenden schätzten die tolle Atmosphäre, dass es ein richtiges «Public Viewing» bei uns gab, wo man auf Sitzsäcken und Liegestühlen stundenlang verweilen konnte und keinerlei Reservationen oder Tickets nötig waren, um das «Maison Suisse» zu besuchen. Unser Restaurant war ebenfalls grosse Klasse, die verschiedenen Rösti waren wie zu Hause! Was für sportliche Wettkämpfe haben Sie selber live miterleben können und was waren Ihre Favoriten?

Dieses Mal hatte ich leider keine Zeit, mir Wettkämpfe live anzusehen. Aber wann immer eine Schweizer Medaillenhoffnung übertragen wurde, so hatten wir via unsere grossen Bildschirme im «Maison Suisse» quasi Logenplätze. Mein Favorit wäre natürlich Versailles und der Pferdesport gewesen. Für die Paralympics nehme ich mir aber vor, es mit Tickets zu versuchen! Da Versailles dann nicht mehr in Frage kommt, würde ich mir am liebsten ein Ticket bei den Tribünen vor dem Eiffelturm sichern. Haben Sie wenigstens etwas von der sensationellen Atmosphäre mit den begeisterten Zuschauern und dem unglaublich faszinierenden Ambiente mitbekommen? Die Stimmung der Olympischen Spiele war auch in der Stadt an so vielen Orten zu spüren, da musste man gar nicht unbedingt in einem der Stadien sein. Wenn so viele Leute mit ihren Länderfarben durch die Strassen liefen und die Erfolge ihrer Landsleute feierten, war das fast so, wie dabei zu sein, ebenso natürlich dank unseres «Public Viewings». Oft trafen sich dort eine grosse Anzahl an Schweizer Fans, um «unsere» Wettkämpfe mitzuverfolgen.

Was für Ereignisse oder Begegnungen werden Ihnen besonders in Erinnerung bleiben? Eine Familie aus Biel wollte unbedingt das «Maison Suisse» besuchen, leider war dies aber gerade an dem Tag und zu dieser Zeit nicht möglich, da ein grosser privater Event stattfand. Die Familie mit zwei Kindern war so enttäuscht, da sie uns tatsächlich nur an diesem Tag besuchen konnte. So haben wir dann doch noch einen Weg gefunden, sie auf die Gästeliste zu bringen, und das waren wohl einige der glücklichsten Besucher des «Maison Suisse», sie konnten gar nicht mehr aufhören, danke zu sagen. Welches war für Sie persönlich der absolute Höhepunkt? Dabei zu sein, diese Stimmungen zu erleben, Paris, das sich von seiner besten Seite zeigte – ich glaube, man war noch nie so sicher in der Stadt wie während der Spiele. Alles war super organisiert, überall gab es Volunteers, die einem den Weg wiesen, sollte man in der Metro mal nicht wissen, welchen Abzweiger man nehmen sollte. Und entgegen mancher Vorurteile, die sich über Paris hartnäckig halten, die Pariser in allen Restaurants und Läden waren äusserst zuvorkommend und freundlich. Ich bin nun gespannt, wie es mit den Paralympics weitergeht. Worauf hätten Sie verzichten können? Auf die Hitze! 36 Grad in der Stadt ist kein Zuckerschlecken. Ich verstehe, warum die Pariser im Sommer oft aus der Stadt aufs Land flüchten. Aus welchen Gründen würden Sie dieses spezielle Abenteuer nochmals erleben wollen, respektive was hat es Ihnen gebracht?

Für mich persönlich war es sehr spannend, eine Führungsrolle zu übernehmen, eine super Erfahrung. Für «Präsenz Schweiz» stehen schon die nächsten «House of Switzerland» in der Warteschlange für die Winterspiele in Milano Cortina, 2026, und dann natürlich für die Sommerspiele in Los Angeles, 2028. Momentan juckt es mich schon sehr, dies im Hinterkopf zu behalten und dann vielleicht einmal über Bewerbungen nachzudenken … Wie werden Sie sich von dieser intensiven Zeit erholen? Es waren in der Tat über drei Wochen! Meine erste Reise hat mich nun erst einmal nach London geführt, eine Stadt, die mir unglaublich gut gefällt und die ich mit dem Eurostar so einfach in zwei Stunden von Paris aus erreichen kann. Dann freue ich mich auf einige Tage am Sihlsee, bevor es dann zurück nach Paris für Teil zwei des «Maison Suisse» für die Paralympics geht.

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