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Rheinmetall zeigt Drohnenabwehr im Ochsenboden

Rheinmetall zeigt Drohnenabwehr   im Ochsenboden Rheinmetall zeigt Drohnenabwehr   im Ochsenboden

Regierungen aus aller Welt schickten diese Woche Militärvertreter ins Ybrig. Auf dem Schiessplatz Ochsenboden präsentierte der Rheinmetall-Konzern unter grösster Geheimhaltung ein neues Abwehrsystem. Erneut stellen sich Fragen wegen der Neutralität.

«Heute ist gar nichts», sagte der Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdiensts am Mittwoch kurz und knapp an der Tür zum geschlossenen Golfplatz-Restaurant im Ochsenboden. Wie schon am Montag war auch am Mittwoch der Golfplatz Ybrig den ganzen Tag abgesperrt. «Das habe ich noch nie erlebt», wunderte sich ein Stammspieler.

Freundlich, aber bestimmt hat man die einheimischen Gäste vom Areal weggewiesen. Derweil passierten im Minutentakt Shuttlebusse den Eingang zum angrenzenden Testareal der RWM Schweiz AG, der ehemaligen Oerlikon Contraves Pyrotec, heute in der Hand des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall. Nach einer Schätzung hatte man am Mittwoch über hundert geladene Gäste auf dem Schiessplatzgelände in Studen.

Vom Luxushotel direkt zum Ochsenboden Auch ohne Golfbetrieb war der Parkplatz gerappelt voll. Rund ein Dutzend schwarze Mercedes- Busse mit Zürcher und Berner Kennzeichen waren abgestellt, daneben Fahrzeuge aus Deutschland, Transporter der Schweizer Armee und Wagen mit Diplomatennummern. Entlang der Ochsenbodenstrasse standen fünf Reisecars bereit, einer gechartert vom Zürcher 5-Sterne-Hotel Park Hyatt. Nach Informationen des «Boten » präsentierte Rheinmetall erstmals ihr überarbeitetes Luftabwehrsystem «Oerlikon Skyranger 30» im Live-Einsatz einem breiten Publikum. Interne Tests liefen im Ochsenboden seit letztem Winter. Die Rheinmetall AG veröffentlichte damals ein Video.

Herzstück des Skyranger-Systems ist eine 35-Millimeter-Revolverkanone, die Ziele in der Luft präzise treffen kann, etwa Flugzeuge, Helikopter und speziell Drohnen. Der Skyranger 30 verfügt über ausgefeilte Radarund Infrarotsensoren, um ganze Drohnenschwärme schnell zu erkennen und abzuschiessen. Das System kann mit einem Hochenergie-Laser und einem Störsender ergänzt werden. Die Reichweite liegt bei vier Kilometern, heisst es auf der Produkte- Webseite. Das mobile Luftabwehrsystem wird voraussichtlich auf Ende Jahr an einen ersten Kunden – die deutsche Bundeswehr – ausgeliefert. Interessiert sind, soweit bekannt, auch die Armeen von Österreich, Ungarn, Dänemark und Litauen. Während den Präsentationen im Ochsenboden war in der Luft das Surren von Drohnen nicht zu überhören. Gleichzeitig war am Mittwoch im Schweizer Luftraum-Bulletin für Privatpiloten das Areal Ochsenboden als Gefahrengebiet deklariert. Der Überflug war zwar nicht verboten, bis auf eine Höhe von 900 Metern über Boden müsse allerdings mit Schiessbetrieb gerechnet werden.

Alles deutet darauf hin, dass Rheinmetall diese Woche einem internationalen Publikum ihre neuste Generation der Drohnenabwehr im scharfen Modus vorstellte. Der Rüstungskonzern aus Düsseldorf nahm bis Redaktionsschluss auch nach mehreren Medienanfragen des «Boten » keine Stellung.

«Keine Lieferungen in Konfliktregionen»

Keine sechs Kilometer vom Schiessplatz entfernt wohnt Marcel Dettling, Präsident der SVP Schweiz. Wie sieht er die Inszenierung, de facto eine Werbeaktion für deutsche Waffen auf neutralem Schweizer Boden, bei der es um Millionenaufträge geht? Auf Anfrage äussert sich Dettling differenziert: «Die RWM ist ein sehr wichtiger und verlässlicher Arbeitgeber in unserer Region. Zudem ist die Rüstungsindustrie von grosser Bedeutung für die bewaffnete, immerwährende Neutralität der Schweiz.» Der Nationalrat fügt jedoch an: «Wir sind gegen Kriegsmateriallieferungen, die direkt in Konfliktregionen getätigt werden. Das ist nicht vereinbar mit der Neutralität. » So kommt unweigerlich das Thema Ukraine auf den Tisch. Rheinmetall hat in seinen Publikationen zum Skyranger 30 die Ukraine nicht explizit als Interessenten aufgelistet. Tatsache ist indes, dass die Ukraine aktuell grösste Mühe bekundet, die pausenlosen Drohnenangriffe aus Russland abzuwehren. Fakt ist auch: Der deutsche Rüstungskonzern hat seit Kriegsausbruch 2022 schon etliche Grossaufträge vom ukrainischen Militär erhalten.

Vorbehalte gibt es denn auch im Kantonsparlament. SVP-Kantonsrat Adolf Fässler, Unteriberg, reichte kürzlich eine Kleine Anfrage ein. Vor dem Hintergrund der Neutralität wollte er wissen, wie die kantonale Verwaltung die Testaktivitäten im Ochsenboden überprüfe. Wie Kantonsrat Fässler schrieb, «operiert der Rüstungskonzern an vorderster Front im Ukraine-Krieg als Kriegsmateriallieferant von offensiven Waffensystemen für die Kriegsparteien gegen Russland und profitiert von diesem Krieg».

Die Schwyzer Regierung verwies in ihrer Beantwortung auf den Bund, der für Kontrollen des Testzentrums Ochsenboden verantwortlich sei. Lediglich das Amt für Umwelt und Energie sei auf kantonaler Ebene für den Vollzug der Störfallverordnung zuständig. Dazu würden periodisch Betriebskontrollen gemacht.

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